Julia Schoch: Wild nach einem wilden Traum
Julia Schoch schließt ihre große Trilogie „Biographie einer Frau“ mit dem Band „Wild nach einem wilden Traum“ frappierend ab
Obwohl es um eine Art von Liebe geht, eine Leidenschaft und Obsession, eine Hingabe, die für den Moment absolut sein muss, ist das ein Buch über das Schreiben. Oder ein Buch über das Lieben, damit man dann darüber schreiben kann, dies aber ohne Kalkül und auch weitgehend unausgesprochen. Man bekommt Gelegenheit, es selbst zu merken.
Die namenlose Erzählerin mag den Mann nicht einmal besonders, er geht ihr sofort auf die Nerven. Er ist nicht schön, er lacht mit Zahnlücke, ist stolz auf seinen ersten großen Bucherfolg, ist auch als Katalane stolz. So nennt die Erzählerin ihn, den Katalanen. Nachdem sie miteinander geschlafen haben, denkt sie, dass es das ja jetzt wohl war. Dann stellt sie fest: „Ich hatte nur ein Bedürfnis, dass es ein weiteres Mal passierte.“ Über den Sex ist nur Notwendigstes zu erfahren. Es ballt sich in dem spektakulären Satz: „Wir taten es schnell, schnell und gründlich .“ Sonst neigt die Erzählerin nicht zum Kursivieren; sie wird wissen, warum sie es hier braucht. Es ist beim Lesen beeindruckend.
Außerdem ist es lange her. Die Erinnerung ist wie immer intensiv und unzuverlässig. Das macht nichts, im Gegenteil. „Auf das Vergessen ist Verlass. Ohne Vergessen gibt es keine Geschichten. Sie sind das, was übrig bleibt. Wie die Spitze eines Eisblocks, die aus dem Wasser ragt, treiben sie dahin, einfach und scheinbar richtungslos. In Wirklichkeit aber wird ihr Kurs sehr wohl bestimmt, allerdings sehr weit unten, in einer Tiefe, die allen Blicken entzogen ist.“ Offenbar ist es jetzt an der Zeit, vom Katalanen zu erzählen.
Julia Schoch: Wild nach einem wilden Traum. Roman. dtv, München 2024. 176 S., 23 Euro.
Weiterlesen:
https://www.fr.de/kultur/literatur/ich-h...t-93502134.html
Reset the World!
Beiträge: | 27.351 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Ein eigenes Forum erstellen |