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Wonach wir suchen

#1 von Sirius , 08.12.2022 16:54

Wonach wir suchen

Im Herbst liegt das Sternbild Pegasus fast senkrecht über uns. Tief am südlichen Horizont steht zum ersten Mal im Jahr das Sternbild Orion, mit Sirius, dem hellsten Stern, am Firmament.
Womit wir beim Thema wären.

Da tobten Monde miteinander.
Worte reisten her und hin.
Gesichter suchten zusammen
den letzten Abschied,
der noch auf weißen Kissen lag.


Und das ist eines der Dinge, wonach wir immer suchen: DEN Augenblick, den wir erleben wollen, an den wir uns immer erinnern können. Übrigens ist ein Moment eine alte englische Zeiteinheit und bedeutet eineinhalb Minuten. Es gibt auch Frauen, bei denen bedeutet „gleich“ eine Zeiteinheit bis zu 24 Stunden.

Da stritten Sehnsüchte
um das wichtigste der Liebe:
Das Berühren.


Ob wir den Sternenhimmel absuchen oder die Augen des anderen, ob wir lesen oder auf dem Sofa liegen und träumen, immer sind wir auf der Suche. Was wir suchen, haben wir oft vergessen oder wir können es nicht mal definieren, aber manchmal, wenn wir einen schönen Song hören oder einen guten Text lesen, dann ist es wieder da, dieses Gefühl, etwas Bestimmtes finden und spüren zu wollen, etwas das glücklich macht, einen Augenblick nur oder auch ganz viele davon.

Und so warteten sie im Haar
des anderen und achteten sich,
als zwischen ihnen nur Zeit war,
die nicht verging.


Die meiste Zeit des Lebens warten wir, und manchmal nehmen wir einander gar nicht wahr, selbst wenn wir zusammen sind. Denn oft warten wir, weil wir auf eine Reaktion warten, aber wir tun auch nichts dafür, um sie auszulösen. Weil wir uns nicht trauen, weil wir zu viel oder zu wenig reden. Weil uns das „Ringsherum“ vereinnahmt, Tag für Tag und Stunde für Stunde. Und auch, weil Gefühle als Schwäche verstanden werden:

Gib deine Hände mir,
die Nacht ist mir so schwer,
lass mich nicht fallen..


Ja, das ist Kitsch, ich schreibe diese Dinge schon lange nicht mehr, obwohl die Zeilen natürlich von mir sind..

Über die Tage schlief der Herbst in den Winter hinein, die Worte verkrochen sich
immer noch im Hals, und das Schlucken fiel schwer bei jedem Frösteln..

Woher kommen all die schwarzen Tage,
an denen mir kein Reim gelingt
und keine Liebe.
Sie legen sich auf Seele und auf Narben
und haben nur die Farben:
Schwarz und schwarz und schwarz und schwarz.

Und warum hör ich nicht Musik,
die mir erzählt, was richtig ist.


So geht es auf Weihnachten zu und in mir suche ich immer noch, was die Welt
zum Leben bringt. Und ich suche in dir und in den anderen, und ich weiß nicht mal, was ich finden will.

Dies sind die Tage,
in denen man die Sorgen lässt
und schweigt.

Und ich schlafe, und ich schlafe,
und mein Herz, das ist ganz still.
Denn es fragt nicht und es klagt nicht,
Und es sagt nicht, was es will.


Vielleicht liegt es daran, weil sich alles so weit entfernt und der Alltag einem immer näher auf die Haut rückt, auf die Seele, auf das Denken, auf das Wollen, auf die Zeilen.
Ich suche jedenfalls immer noch nach den Momenten in den unzähligen Stunden, die mich unruhig machen.
Ich hab wohl vergessen, die schlafenden Hunde zu wecken.


Sirius


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RE: Wonach wir suchen

#2 von weegee , 08.12.2022 21:31

Mein lieber Sirius! Das ist eine sehr fabelhafte Idee, das eigene Gedicht bzw. einzelne Strophen mit Prosatexten zu untermalen, oder umgekehrt. Wie Musik ein Theaterstück untermalt oder einen Film.

Wer hat es noch gesagt? "Der Mensch ist ein zutiefst eingemauertes Wesen voller Sehnsucht." Da hat sich die Natur oder Gott oder die Evolution oder der Konstrukteur ja was ganz Schiefes und Krummes ausgedacht. Oder ist es nur eine Fehlkonstruktion? Da haben wir einen starken Magneten in uns, der uns anzieht und einen ebenso starken, der uns abstößt. Wirklich kontrollieren kann man die nicht. Und du hast Rest: Es sind immer nur Momente, die alles haben, was man ersehnt, und dann ist es wieder weg und es kommt SO nie wieder. Fest halten, was nicht festzuhalten ist. Wie, wenn man in Nebel greift.

Ich fürchte, wir wollen und fühlen alle dasselbe. Und alle warten auf den Anderen. Nur, wenn alle warten, passiert nichts. Und wer sich offenbart, macht sich angreifbar, erst recht, wenn man sich schon eimnal offenbart hat und die übelsten Befürchtungen sind dann auch eingetreten. Und also können sich zu viele nicht erklären und nicht offen legen. Sie können es nicht, aus Angst. Und irgendwann hat man es völlig vergessen und verlernt.

Eigentlich wollen wir alle nur erkannt werden, als das, was wir sind, oder als das, was wir glauben, das wir sind. Vielleicht sollte man weniger reden, sondern denjenigen, nach dem man sich sehnt, einfach lange in den Arm nehmen. ICH habe dann oft das Gefühl, das dann in aller wunderbaren Stille mehr Wahres und Schönes gesagt wird, als es ganze Traktate können. Leider können das noch weniger Leute: den Anderen richtig berühren und vor allem sich richtig berühren zu lassen. Gefühle zu zeigen, ist keine Schwäche, das ist WIDERSTAND. Wie auch Kunst.

Wie heißt es in diesem wunderbar einfältigen Song: Don't talk, just kiss!

Ganz toll, Sirius!

Jörn


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RE: Wonach wir suchen

#3 von weegee , 08.12.2022 21:34

Zitat von Sirius im Beitrag #1
Ich hab wohl vergessen, die schlafenden Hunde zu wecken.


Kette sie vorher an und leg genug rohes Fleisch bereit. Ist besser so, glaub es mir.

Jörn


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RE: Wonach wir suchen

#4 von Sirius , 09.12.2022 16:43

Hallo Jörn.

Dein Kommemtar ist ja besser als mein Text. Du hast eine große Lebenserfahrung und Weisheit und weißt die Dinge einzuordnen. Es stimmt wohl, dass es den meisten Menschen so geht, dass sie „entdeckt“ und „gefunden“ werden wollen, und ein jeder auf den anderen wartet. Und du hast
Recht: Die Umarmung ist ein wesentlicher Punkt dabei, wenn man sich denn so verständigen kann.
Ich danke dir auf jeden Fall für deinen herzlichen und gekonnten Kommentar!

Sirius


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Sirius
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