Netzsperren gegen NachDenkSeiten – Auch bei Ihnen?
Mit großem Erstaunen lasen wir in dieser Woche drei voneinander unabhängige Mails von Lesern, die alle das gleiche Problem hatten: Sie konnten nicht mehr auf die NachDenkSeiten zugreifen. Alle drei erkundigten sich beim technischen Support ihres Internetproviders und bekamen die Antwort, dass die NachDenkSeiten wegen der EU-Sanktionen gegen Russland gesperrt seien. Das ist ein ziemlicher Hammer, da unsere Seite nicht Gegenstand der EU-Sanktionen ist. Auch wenn die Sperren im Laufe des gestrigen Tages nach unserem Kenntnisstand aufgehoben wurden, werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln gegen diese gesetzwidrigen Netzsperren vorgehen. Dafür brauchen wir jedoch auch Ihre Hilfe.
Die drei Vorfälle betrafen kleinere, regionale Provider. Da sie sich zeitgleich ereigneten und von den jeweiligen Supportmitarbeitern nahezu wortgleich begründet wurden, gehen wir von einer gezielten Aktion von höherer Ebene aus. Um die Dimension besser einordnen und umfassend juristisch vorgehen zu können, wäre es hilfreich, wenn Sie uns davon in Kenntnis setzen, wenn Ihnen etwas Ähnliches passiert ist – also wenn Sie die NachDenkSeiten in den letzten Wochen über einen längeren Zeitraum aus nicht erklärbaren Gründen nicht mehr aufrufen konnten und Ihnen vielleicht sogar ein Mitarbeiter ihres Providers eine ähnliche Antwort gegeben hat, lassen Sie es uns bitte wissen und schreiben uns eine Mail an recherche@nachdenkseiten.de.
Noch ein kleiner Nachtrag zu den Netzsperren als solches. Der rechtliche Rahmen dafür wurde erstmals 2010 durch die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen („Zensursula-Debatte“) geschaffen. Begründet wurden sie mit der Bekämpfung der Kinderpornographie. Kritiker sagten damals bereits, dass es nicht dabei bleiben wird und die Politik ein derart mächtiges Schwert schon bald auch für ganz andere Zwecke einsetzen wird. So geschah es dann auch. Zwar wurde das „Zugangserschwerungsgesetz“ wieder kassiert, aber der Geist war aus der Flasche und zunächst nutzte die Rechteinhaberlobby die Möglichkeit der Netzsperren, um massiv gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen. Und spätestens seit der EU-Sanktionsverordnung (EU) 2022/879 werden Netzsperren in der EU auch zum Zwecke der politischen Zensur eingesetzt. Russischen Staatsmedien wie RT wird pauschal vorgeworfen, „Fake News und Propaganda“ zu betreiben; Internetprovider in der EU sind gesetzlich verpflichtet, ihren Kunden den Zugang zu deren Angeboten zu unterbinden. Der Grundsatz der Netzneutralität wird dabei wissentlich ignoriert, eine Beweisführung ist nicht vorgesehen.
Das ist Zensur und scharf zu kritisieren. Dass jedoch nun auch deutsche Medien wie die NachDenkSeiten, die nicht auf der Sanktionsliste stehen, auf der Sperrliste deutscher Provider stehen, ist nicht nur Zensur, sondern zudem ein klarer Verstoß gegen sämtliche in der EU geltenden Gesetze. Meinungs- und Pressefreiheit? Das war einmal.
Redaktion und Herausgeber der NachDenkSeiten
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