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Goliarda Sapienza: Die Kunst der Freude

#1 von Sirius , 13.02.2023 17:01

Goliarda Sapienza: Die Kunst der Freude

Eine Frau geht über Leichen, um lustvoll zu leben: Goliarda Sapienzas "Die Kunst der Freude" ist ein Roman, der das Leben unserer Autorin verändert hat.

Wenn ich nicht weiß, wohin mit mir, habe ich jemanden, bei der ich Rat suchen kann. Sie hat mir beigebracht mutig zu sein, doch nicht aus Selbstzweck. Mutig sein müssen wir, weil das Leben kurz ist und die Freude jetzt sein soll. Mutig sein müssen wir auch, weil manches richtig ist, und manches eben nicht. Meine Weise ist Modesta, die Heldin aus Goliarda Sapienzas Opus magnum Die Kunst der Freude. Dieser in jeder Hinsicht ungewöhnliche Roman liegt seit Frühling 2022 nun endlich in Neuauflage auf Deutsch vor. Dieses außergewöhnliche Werk feministischer Literatur wartet noch immer darauf, von der deutschsprachigen Leserinnenschaft entdeckt zu werden. 

Aber wie hätte ich es wissen können? Wissen, dass an Lust nichts Verwerfliches ist und dass der Körper ein ganz und gar berechtigtes Eigenleben führt? Wie wissen, dass nur wenn man ihm darin freien Lauf lässt, das Leben als Ganzes seinen Namen verdient? "Wie hätte ich es wissen können, hätte es mir niemand gesagt?", an diesen Fragen hangelt sich die Sizilianerin Modesta so leichtfüßig wie furchtlos am Leben entlang. Ihre Geschichte ist die einer Frau, der es durch Tücke und Aufmerksamkeit, Eigennutz und Unbestechlichkeit gelingt, in den sizilianischen Adel aufzusteigen: von einer schlammigen Hütte über ein Nonnenkloster in einen opulenten Palazzo, um sich dort dann die Welt zu bauen, die sie für die richtige hält. Hierbei handelt es sich nicht etwa um ein literarisches Plädoyer für das neoliberale Credo, dass wer nur genug arbeite, belohnt werde. Auch geht es nicht um die Erfüllung einer moralischen Pflicht, für die es sich aufzuopfern lohnt. Modestas Philosophie ist jeder Bußmoral entgegengesetzt. Es geht es ihr vielmehr um das Erfahren einer lustvollen Existenz, um die Eindämmungen von Zwängen und um die Befreiung von Schmerz.  

"Jetzt stehe ich in dem dunklen Raum, in dem wir geschlafen und gegessen haben: Brot und Oliven oder Brot und Zwiebeln. Gekocht wurde nur sonntags. Meine Mutter näht in einer Ecke, die Augen von der Stille geweitet. Sie spricht nie. Entweder schreit sie, oder sie schweigt. Der schwarze, schwere Vorhang ihrer Haare ist voller Fliegen."

Weiterlesen:

https://www.zeit.de/kultur/2023-02/die-k...teratur-10nach8


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Sirius
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