Clemens J. Setz: Monde vor der Landung
Wer sich für Planeten, Verschwörungstheorien und kuriose Menschen interessiert, wird im Werk des österreichischen Schriftstellers Clemens J. Setz sicher fündig - auch in seinem neuen Roman "Monde vor der Landung".
Stellen wir uns einmal vor, wir lebten nicht auf der Erde, sondern in ihr. Und all die Sterne, die Sonne und Planeten wären nichts anderes als Lichtspiegelungen. Unser Planet wäre nicht ein verschwindend kleines Element eines sich stetig ausweitenden Universums, sondern einfach alles, was es gibt. Diese sogenannte Hohlerde- oder Innenwelt-Theorie stammt von dem amerikanischen Arzt Cyrus Reed Teed, genannt Koresh, und fand in den 20er- und 30er-Jahren einige Anhänger auch in Deutschland. Zu ihnen gehörte Peter Bender, der Protagonist im neuen Roman von Clemens J. Setz. Was von dieser realen Person bekannt ist, hat Setz gründlich recherchiert und sogar mit faksimilierten Dokumenten in den Erzählfluss mit eingebaut. Das meiste aber ist seine Projektion und Erfindung; etwa Benders Erfahrungen als Fliegerleutnant im Ersten Weltkrieg, sein Flugzeugabsturz und die verstümmelten Kameraden im Schützengraben. Als Bender am Ende des Kriegs wieder nach Worms zurückkehrt und als politischer Redner agitiert, ist er schwer traumatisiert:
Es stecke (…) am Ende immer der Krieg in allem. Und er legte, quod erat demonstrandum, den Stift auf den Tisch: Jawohl, in allem der Krieg, der Staat, und vielleicht auch, allgemeiner, der Mensch mit seinem albernen Wunsch, weit weg zu gelangen, über sich hinaus, bis zum Mond, was weiß ich. Am Ende stecke in gewisser Weise einfach in allem der Mond. Selbst der Krieg.
Da ist er also, der Mond, von dem auch im Titel des Romans die Rede ist. Er steht für alles Rätselhafte, für eine Welt, die nicht mehr zu fassen ist. Wäre da nicht Charlotte, die Krankenschwester, die Peter Bender im Lazarett pflegt und die er kurze Zeit später heiratet. Mit ihr bekommt er zwei Kinder, und sie schenkt ihm Gefolgschaft, auch wenn er fremdgeht und sie hintergeht. Seine öffentlichen Agitationen Anfang der 20er-Jahre bringen ihm bald Anzeigen von behördlicher Seite ein.
Nach einer Weile kam Charlotte zu ihm ins Bett. Sie durfte den Brief nun ebenfalls lesen. Es war ganz still im Zimmer. Als sie fertig war, lobte sie ihren Mann für diese Leistung. Aus diesen Zeilen spreche doch eindeutig Angst. "Ja, nicht wahr?", sagte Bender. Und fügte flüsternd hinzu: "Sie drohen mir mit Irrenhaus. Ist das nicht märchenhaft?" Charlotte drehte sich zu ihm, schmiegte sich an ihn und legte eine Hand auf seine Brust. Die Hand begann den Stoff seines Schlafhemdes zu kneten. "Ins Irrenhaus, wirklich ins Irrenhaus", wiederholte er. "Ich weiß", sagte Charlotte. "Ich bin so stolz auf dich."
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