Deutschland und Europa: Schwere Rezession, sinkende Preise und eine total verfehlte Wirtschaftspolitik
von Heiner Flassbeck
Am 9. Dezember vergangenen Jahres habe ich geschrieben, dass Deutschland in der Rezession ist, während sich die Wirtschafts- und Finanzpolitik einbildet, es könne nur noch aufwärts gehen. Seitdem ist unendlich viel Blödsinn über Winterrezessionen, technische Rezessionen und Ähnliches geschrieben worden. Die Wirtschaftspolitik hat sich hinter dieser Schönfärberei der Medien verstecken können. Jetzt ist Deutschland inmitten einer schweren Rezession und es wird nicht leicht werden, die Abwärtsdynamik zu stoppen, weil die Politik die Zeichen der Zeit immer noch nicht erkannt hat.
Vorgestern meldete das Statistische Bundesamt, dass die Auftragseingänge in der deutschen Industrie im April erneut gefallen sind, nachdem es im März einen regelrechten Einbruch gegeben hatte. Um nur das prominenteste Beispiel und die deutsche Vorzeigebranche zu nennen: Im Maschinenbau sind die Auftragseingänge nunmehr seit dem Herbst 2021 stetig rückläufig. Im dritten Quartal 2021 lag der Indexstand (2015 = 100) bei 125. Nach sechs Rückgängen in Folge in den vergangenen sechs Quartalen liegt der Index nun, im April 2023, bei 92. Das ist ein wirkliches Debakel und zeigt, wie absurd die Hoffnung der Regierung und der amtlichen Berater ist, es könne in diesem Jahr eine aufwärtsgerichtete Investitionstätigkeit der Unternehmen geben.
Um die Schwere der Bedrohung durch die binnenwirtschaftliche Talfahrt abschätzen zu können, muss man in Deutschland immer berücksichtigen, dass vom Außenhandel erneut positive Impulse kommen. Die deutsche Leistungsbilanz wird in diesem Jahr zu den vor der Rohstoffpreisexplosion erreichten Überschüssen zurückkehren, und dennoch reicht das nicht, um eine womöglich langanhaltende Krise abzuwenden, weil die Binnenkonjunktur abschmiert.
Gleichzeitig berichtet Eurostat, dass die Erzeugerpreise in der Europäischen Währungsunion (EWU) im April um 3,2 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sind. Der Index liegt damit um mehr als neun Prozent unter dem Wert vom September 2022, dem Höhepunkt der Preissteigerungswelle. Gegenüber April 2022 stiegen die Erzeugerpreise in der Industrie im April 2023 im Euroraum nur noch um 1 Prozent. Ein absoluter Rückgang auch gegenüber dem Vorjahreswert ist nur noch eine Frage von ein oder zwei Monaten.
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