Ned Beauman: Der gemeine Lumpfisch
Extinktionszertifikate sollen die Artenvielfalt retten – und bringen einen Feinschmecker fast ins Gefängnis. Ned Beaumans „Der gemeine Lumpfisch“ ist ein köstliches, kluges Buch über die nahe, ferne Zukunft.
Es ist keine Welt für Feinschmecker. Die Mozzarella-Büffel geben nach Gewittern keine Milch mehr, leider donnert es dauernd. Vor der Küste Tasmaniens hat übersäuertes Meerwasser die Schalen der Austern zersetzt. Im Meer Südaustraliens verhungern die Blauflossen-Thunfische. Karotten, Kartoffeln, Äpfel, alles schmeckt gleich, und wenn man Gemüse essen will, das nach Gemüse schmeckt, muss man nach Oslo reisen, da gibt es ein fancy Restaurant, das Tomaten, Kichererbsen oder Kohl „ganz wie damals“ serviert. Das kostet. Und weil es so viel kostet, hat der passionierte Foodie Halyard kein Geld, als sich ihm die Gelegenheit bietet, auf dem Finanzmarkt ein Vermögen zu machen: Er hat nämlich erfahren, dass in Kürze der Preis für Extinktionszertifikate ins Bodenlose fallen wird – und will darauf wetten.
So funktioniert nämlich der Artenschutz in der nahen, fernen Zukunft, die der Brite Ned Beauman uns mit viel Liebe zum Detail, zur Komik und zur Drastik schildert: Wenn zum Beispiel eine Firma auf dem Meeresboden ausgerechnet dort Manganknollen abbauen will, wo der vom Aussterben bedrohte Lumpfisch seine letzte Rückzugsmöglichkeit gefunden hat, erwirbt sie ein Extinktionszertifikat. Das ist teurer, wenn es sich um ein intelligentes Lebewesen handelt, wofür in dem Fall überraschenderweise einiges spricht. Das ist deutlich billiger, wenn ein Gutachter den Fisch als unintelligent einstuft.
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