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Emma Cline: Die Einladung

#1 von Sirius , 05.09.2023 16:44

Emma Cline: Die Einladung

Der neue Roman von Emma Cline spielt in den Hamptons, dem Urlaubsparadies vieler wohlhabender New Yorker. Bis zum Schluss bangt man mit der Protagonistin, die die Chance wittert, dort ein neues Leben zu beginnen.
von Claudia Ingenhoven
Am wohlsten fühlt sich Alex, wenn sie im Meer schwimmt. Im Meer sind alle gleich, dort kann sie nicht als Außenseiterin auffallen. Simon hat sie eingeladen, hier draußen den Sommer mit ihm zu verbringen, ein reicher Finanzmakler mit guten Manieren, den sie in der Stadt kennengelernt hat. Alex ist 22, Simon mehr als doppelt so alt. Die beiden sind sich in einer Bar begegnet, zufällig. Simon war also kein Kunde, der auf ihre Anzeige reagiert hat. Alex stammt aus der Provinz. Anfangs fand sie es noch aufregend in der Großstadt und nichts dabei, sich für Sex bezahlen zu lassen.
Jetzt war Alex in bestimmten Hotelbars nicht mehr willkommen, musste bestimmte Restaurants meiden. Alex’ Zauber, wie auch immer er geartet war, verlor langsam seine Wirkung.

Sie konnte ihr Zimmer nicht mehr bezahlen und klaute Geld und Drogen von einem Stammkunden. Höchste Zeit, sich aus dem Staub zu machen.
Simons Einladung ins Sommerhaus kommt zum richtigen Zeitpunkt. Vielleicht kann sie mit ihm sogar ein neues Leben beginnen. Sie hat ein seismografisches Gespür für seine Stimmungen, sie weiß, wie bedürftig Männer in seinem Alter sind. Er schenkt ihr Schmuck und Kleider, damit sie auf den Partys von Galeristen und Kunstsammlern gemeinsam glänzen.
Alex kommt zur Ruhe, auch mit Hilfe der Tabletten, die sie in Simons Badezimmer findet. Bis sie eine Delle in sein Luxusauto fährt und ihm nichts davon sagt. Ihr Verschweigen befeuert seinen Zorn. Seine Assistentin soll sie zum Zug fahren, zurück in die Stadt. Aber was niemand weiß: Sie hat dort keine Bleibe mehr.

Sie beschließt, am Strand zu bleiben, eine Woche lang, dann wird Simons Zorn verraucht sein und sie wird einfach auf seiner lang geplanten Party auftauchen. Ab jetzt beginnt ihr täglicher Kampf um einen Schlafplatz. Einmal mischt sie sich in eine feierfreudige Highschool-Gruppe, einmal bricht sie mit einem verrückten Jungen in ein Ferienhaus ein. Und immer hat sie ein Ziel vor Augen: die Versöhnung mit Simon. Einerseits sieht sie glasklar, wie erbärmlich ihre Lage ist, andererseits fantasiert sie sich in ein Wiedersehen hinein, das all ihre Probleme lösen wird.
Emma Cline ist eine raffinierte Geschichten-Erzählerin. Man bangt mit ihrer Heldin: Hoffentlich wird sie nicht erwischt, hoffentlich kommt sie da raus. Alex redet sich die Wirklichkeit schön, und genau das färbt sich auf die Leserin ab. Man möchte lieber bewundern, mit welcher Energie diese junge Frau eine obdachlose Woche durchsteht, als die unverfrorene Diebin verurteilen, die aus jedem Übergriff einen Kick zieht.

Weiterlesen:

https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Die...n,cline100.html


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Sirius
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