Teresa Präauer: Kochen im falschen Jahrhundert
Entschlossen und kühn erzählt Teresa Präauer in ihrem Roman "Kochen im falschen Jahrhundert" die Geschichte eines Abends in mehreren Anläufen. Ihre Sprache ist scharf, klar und auf die Zwölf.
von Juliane Bergmann
Die österreichische Schriftstellerin Teresa Präauer liebt es zu experimentieren. Das hat sie seit Erscheinen ihres Debütromans 2012 "Für den Herrscher aus Übersee" mit fast jedem weiteren Buch unter Beweis gestellt. Und das gilt auch für ihren neuen Roman "Kochen im falschen Jahrhundert". Sie liefert nicht nur eine, sondern mehrere mögliche Entwicklungen eines Abends.
Gutes Essen, angeregte Plauderei, stilvoller Jazz - es soll ein wunderbarer Abend werden. Bis ins kleinste Detail hat sich die Gastgeberin ihre erste Party in der neuen Wohnung ausgemalt. Sie hat Kochbücher gewälzt, Einladungskarten gedruckt und Wiesenblumen auf dem langen, dänischen Tisch drapiert. Ein Designermöbel, klar.
Die Gastgeberin hatte von einem offenen Haus fabuliert, von internationalen Gästen, die die internationalen Zeitungen lesen. Man wäre gebildet und liberal, alles das aber keineswegs aufgesetzt oder demonstrativ. Die Speisen kämen ohne viel Aufwand auf den Tisch.
Die Erwartungen sind groß, die Runde bleibt klein: Eingeladen hat das Gastgeberpaar ein Ehepaar, das gerade ein Baby bekommen hat, und einen Schweizer Freund. Alle sind sie gesettelte Gutverdiener, bemüht locker, dabei spießig bis in jede Faser. Oberflächlich eingespielt plätschern die nichtssagenden Gespräche durch den Abend: über Reisen und Möbel, über den Hype der Streamingserien und den Tod des Fernsehens, über Schlafmangel und andere Elternleiden.
"Close Your Eyes", "So What", "Hold Your Man": Teresa Präauer verknotet mühelos und gekonnt die Fäden und der Roman liefert die Songs des Abends mit. Ein köstlicher Bruch. Der Jazz kommentiert das Geschehen: Die Freundlichkeit ist nur Fassade, innerlich ist die Protagonistin ein einziger Krampf. Sie rechnet mit Scherben, ruinierten Fußböden und Patzern ihres Partners. Ganz abgesehen von den zwischenmenschlichen Dramen, die sich anbahnen.
Der mögliche Fleck auf seinem Hemd war sein Fleck. Die Freiheit des Menschen bestand auch darin, dem jeweils anderen seinen Fleck zu lassen. Die Verantwortung bestand dabei auch darin, mit dem je eigenen Fleck allein zu sein. Dieses Alleinsein zu ertragen. Jedem sein Fleck in der Form eines wehen Herzens, auch in der Paarbeziehung!
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