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RE: Gerontoblues as Blues can

#1 von Karl Ludwig , 20.04.2016 14:03

Wenn alte Menschen zweckoptimistisch, aber völlig realitätsfern, erzählen, was sie selber nicht glauben, nämlich, dass Altern auch Vorteile mit sich bringen würde, (Ich kenne nur einen einzigen: Man kann sich nicht mehr die Zukunft versauen) frage ich mich häufig, warum es denn keine besseren Beispiele für diese absurde These gibt, als ausgerechnet solche narrativen Instanzen: Geschrumpft, faltenreich, Zipperlein geplagt, zeitlupig in der Gestik, die bessere Vergangenheit beschwörend, langweilig, mit ödem Rosthirn gesegnet, starrköpfig.

Für den Schlussakkord braucht es keine sonderlich exakt gestimmten Instrumente, - das Brausen kommt disharmonisch unausweichlich näher. Meine Güte, ich war mal Jugendmeister im Geräte und Bodenturnen. Wo sind die Zeiten, als die Frauen: „Was für ein süßer Knackarsch.“ sagten und MICH meinten?

Was soll am Altern schon vorteilhaft sein? Es ist eine einzige Beleidigung und anhaltende Demütigung. Das Gedicht ist von 1975, aber passt es nicht auch zu diesem Thema? Keine Sorge, ich habe immer noch viel zu lachen. Und Muskelkater wie doof vom Tischlern. Grünspanprophylaxe. Heute habe ich schon zwei Stunden durchgehalten.

Was echt an dir und was gelogen ist
merkst du, wenn alles kaputt geht, auseinanderfällt und dann
hast du ein Gefühl, als ob du wie ein Brunnen bist;
ganz ohne Wasser. Niemand, der aus dir noch schöpfen kann.

Wenn du dich mit keiner Entschuldigung mehr zufrieden gibst,
und dein ganzer Glaube einer einzigen Pampe gleicht,
das ist ein Zustand, in dem du gar nichts mehr liebst,
am wenigsten dich selber – tja, es ist gar nicht so leicht.

Und du weißt genau, du könntest wie eine Brandung sein:
Unüberhörbar! Echt! Stark und voller Leben.
Wie der Wind. Vor Freude laut schrei'n.
Doch nun hast'e Blues und nichts mehr zu geben…


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RE: Gerontoblues as Blues can

#2 von Sirius , 20.04.2016 18:57

Ein feines, realistisches Gedicht, lieber klsa. Aber auch im Blues kann man sich noch entfalten, und im Kopf sind wir noch jung geblieben und wollen auch immer die "jungen" Dinge tun. Und das ist wohl das Wichtigste, dass das Hirn als letztes altert.
Ich wünsche Dir noch jede Menge Brandungen!

Sirius


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RE: Gerontoblues as Blues can

#3 von Karl Ludwig , 20.04.2016 19:49

Ich hatte da so eine Phase. Selbstzerstörung und erneuter Aufbau:

Und ich stehe immer noch.
Nach all den schlimmen Jahren
zog ich mich raus aus meinem Loch,
wie der Baron, an eigenen Haaren.

Und ich stehe immer noch,
trotz 100.000 Lügen.
Gehörten, gesagten, doch,
mich konnt' ich nie betrügen!

Und ich stehe immer noch.
Und diesmal bleib ich steh'n!
Wer wie ich am Boden kroch,
('den' müsste hier zwischengefügt werden, geht aber taktmäßig nicht)
wird man nie mehr kriechen seh'n. (Fällt doch kaum auf)


Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!

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