Ursula Krechel: "Sehr geehrte Frau Ministerin"
Ursula Krechels neuer Roman "Sehr geehrte Frau Ministerin" erzählt von drei Frauen aus unserer Zeit, von ihren Lebensläufen, von der Erfahrung tiefer Brüche und Zäsuren - und von einer zunehmenden Radikalisierung der Gesellschaft.
von Niels Beintker, BR
Die eigene Existenz vergleicht Eva Patarak mit der Lage des Essener Kräutergeschäfts, in dem sie arbeitet: 2B, nicht 1A. Ihren Sohn Philipp hat sie alleine großgezogen. Jetzt muss Eva Patarak mit ansehen, wie er hinter dem Computerbildschirm verschwindet und verwahrlost; das Studium hat er längst geschmissen. Die Mutter weiß nicht wirklich, wie sie ihm begegnen kann. In Ursula Krechels Roman "Sehr geehrte Frau Ministerin" bleibt ihr kaum Raum für die Verwirklichung eigener Träume.
"Es hat mich ihre Normalität interessiert", erzählt Krechel. "Es hat mich interessiert, dass sie von ihrer eigenen Schüchternheit, von ihren eigenen Mängeln so sehr überzeugt ist. Diese Mängel machen es wiederum interessant, über sie zu schreiben. Sie ist angestrengt. Sie will für den Sohn das Beste."
Man kann Ursula Krechels Roman mit einem Triptychon vergleichen: Eva Patarak gehört das Bild auf der einen, der namenlos bleibenden Bundesjustizministerin auf der anderen Seite. Diese lebt in einer Welt, die sich von der Evas fundamental unterscheidet. Sie wird, wichtig für das Romangefüge, Opfer einer Gewalttat. In der Mitte - die beiden Figuren und ihre Geschichten feinsinnig miteinander verknüpfend - die Lateinlehrerin Silke Aschauer. Sie lädt ihre Schülerinnen und Schüler ein, die "Annalen" des römischen Historikers Tacitus zu lesen. Eine weitere Erzählebene öffnet sich mit dieser Rückschau: die Geschichte von Nero - und seiner Mutter Agrippina, der Gründerin Kölns. Sie verhalf dem Sohn zur Macht und wurde dann in seinem Auftrag ermordet.
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https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Seh...krechel106.html
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