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RE: Wie ich meine erste Indienreise finanzierte

#1 von Karl Ludwig , 31.07.2016 10:49

Nun, so als Hesse-Fan, der ich damals war, hatte ich nach dem Lesen von 'Siddhartha' gar keine andere Wahl, als die 'Wallfahrt zum Big Zeppelin', wie Franz J. Degenhardt es nannte, zumal jeder anständige Hippie einmal der Drogenlogistik folgen musste, als die da ging: Trampen bis Istanbul. Autobus bis Erzurum, Bahn (dritte Klasse) bis Teheran, weiter nach Karachi. Billigstflug nach Bombay, Bus nach Goa. So oder so ähnlich.

Meine Reise fing mit der Übergabe eines Gemäldes vom alten Fritz aus der verwalteten Erbmasse meines Vaters an. Darauf guckt Fritzchen sehr ernst, staatsmännisch und ordensgeschmückt in die Kamera … äh … Staffelei. Plötzlich war ich Eigentümer von einem 'Ding', mindestens bis zur Brust reichend incl. schwerem Blattgoldrahmen. Angeblich von Menzel. „Quatsch.“, meinte der Exponatenexperte der Bielefelder Kunsthalle, aber mindestens von einem seiner Schüler. Vielleicht hatte der Meister sogar persönlich den ein oder anderen Pinselstrich beigesteuert.

Auch ein Qualitätsnachweis, dachte ich nur, als seine Expertise schriftlich vorlag. Ich verdiente meine Brötchen als Möbelrestaurator für einen Großhändler englischer Antiquitäten. Mit 'stark gleitenden Arbeitszeiten', je nach Lage. Dem hängte ich das 'Ding' an die Wand und versah es mit einem völlig überhöhten Preis.

Meinem großen Bruder, ein wahrer Bewahrer unserer Sippentraditionen, gefiel das aber gar nicht. Er handelte, seinen Familienmitgliedbonus schamlos ausnutzend, auf eine ihm genehme Summe herunter, ich dachte nur: 'Wer gibt, gibt immer zu viel, wer nimmt bekommt immer zu wenig!' – ein Naturgesetz – und überließ ihm das 'Ding' sanft lächelnd. Schon am nächsten Tag organisierte ich einen Ersatzmann, einen mit mehr Ahnung als ich über Möbelrestauration, aktualisierte meine Dokumente wie Pass und Impfpass, kaufte Resochin gegen Malaria und jede Menge Reiseschecks (gegen Pleite), gab einen Abend Freibier in meiner Stammkneipe aus und tröstete die verbleibenden Nächte ein kleines Mädchen ob ihres Verlustes des tollsten Liebhabers – ich käme ja wieder. In spätestens zwei Jahren.

Dann stellte ich mich an die Autobahn, trampte mich bis München durch, suchte nach einem 'Magic-Bus' bis Istanbul, wo ich bei meiner zugeheirateten armenischen Familie einen schönen Sommer verbrachte. Anschließend ging es, wie im ersten Absatz beschrieben, weiter. Nur dass ich reicher an Geld und den ersten Anzeichen der sogenannten Hippie-Hepatitis nach einigen Wochen zurück fliegen musste. Von Hannover mit dem Taxi ins nächste Krankenhaus – sechs Wochen Quarantäne.

Ach so. Bezug zur Überschrift: Ich vergrößerte meine Reisekasse, indem ich die Reiseschecks zur Hälfte des Nennwertes auf dem Schwarzmarkt verkaufte, als gestohlen meldete und innerhalb von 24 Stunden ersetzt bekam. Und die Versicherung der Lufthansa bezahlte mir eine, angeblich bei dem Transport zerschlagene hochwertige Konzertgitarre.

Es ist nur eine Geschichte aus dem Fundus: „Wie, ihr wollt mich verarschen? Da drehen wir den Spieß doch mal einfach um.“ eine, nur durch meine Jugend und dem schlechten Umgang, den ich hatte, zu amnestierende Saga. Mir heute ziemlich egal. Oder Mutti hatte doch Schuld. Wer weiß. Ich bestimmt nicht … ich meine … denn wenn objektiv … und damals … der Zeitgeist … macht kaputt, was Euch kaputt macht … (den frenetischen Jubel ignorierend leise trällernd ab) …


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RE: Wie ich meine erste Indienreise finanzierte

#2 von Sirius , 31.07.2016 12:35

Das war ja wieder sehr lehrreich und unterhaltsam, Karl-Ludwig. Und, hast du gemerkt, du bist beinahe ganz ohne Drogen ausgekommen, rein literarisch, meine ich.
Hat Spaß gemacht!

Sirius


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