Alle Menschen sind einsam
Dieses ergreifende Buch erreicht uns mit einer Verspätung von zwanzig Jahren. Es ist schon alles drin, was die zeitgenössische norwegische Literatur auszeichnet: Einsamkeit, Sehnsucht, Selbstzweifel.
Souverän ignorieren die norwegischen Schriftsteller die politischen, sozialen und ethnischen Probleme, die Europa seit geraumer Zeit in Dauererregung versetzen. Sie beschäftigen sich mit sich selbst. Genauer gesagt: Sie beschäftigen sich mit dem, was im menschlichen Innern vor sich geht. Es geht um Gefühle, es geht vor allem um die Liebe. Eine uralte Geschichte also, «doch bleibt sie immer neu», wie Heinrich Heine schon wusste.
Bemerkenswert ist, dass sie dabei nicht so betulich sind wie die Vertreter der Neuen Subjektivität in der Bundesrepublik um 1980 herum. Norweger wie Tomas Espedal, Karl Ove Knausgård, Per Petterson und neuerdings Tore Renberg sind leidenschaftlicher, zügelloser und schöpferischer als die deutschen Autoren vor 35 Jahren; mit Nabelschau haben ihre Werke wenig zu tun. Hanne Ørstavik, geboren 1969 im nördlichsten Norwegen, ist nicht ganz so zügellos wie ihre etwa gleichaltrigen Kollegen – schöpferisch ist sie trotzdem.
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https://www.nzz.ch/feuilleton/hanne-orst...nsam-ld.1302424
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