Stine Pilgaard: Lieder aller Lebenslagen
Alte Liebe, neue Liebe, Verzweiflung, Glück, Einsamkeit, Tod - alles findet Platz in diesem skizzenhaften Roman der dänischen Bestsellerautorin Stine Pilgaard - wunderbar übersetzt von Hannes Langendörfer.
von Katja Weise
Schon der Titel macht Lust auf dieses Buch. Haben wir nicht alle Lieder, die uns in den verschiedenen Lebensphasen begleiten? Allerdings geht es hier nicht um Popsongs, Arien oder Konzerte, sondern um Lieder, die eine junge Frau für andere Menschen in ihrer Wohnungsgenossenschaft schreibt, über deren Leben.
Nach und nach lernen wir sie kennen, die Bewohnerinnen und Bewohner der Wohnungsgenossenschaft. Die namenlose Erzählerin ist mit ihrem Freund erst vor gut einem Jahr eingezogen - die erste eigene Wohnung nach dem Studium. Was für ein Glück! Ruth und Oma - alle nennen Oma so - leben hier schon lange; die beiden Frauen verbindet seit ihrer Jugend eine innige Liebe, aber erst Jahre später trauen sie sich, sie auch zu leben. Lisa und Thomas führen das, was viele ein "ganz normales Familienleben" nennen. Die Liebe ist in die Jahre gekommen, doch weigern sie sich zu sagen, was in dieser Situation oft gesagt wird:
Dass sie ein gutes Team sind und der jeweils beste Freund des anderen.
Thomas erklärt der Liedschreiberin:
Dass ihre Beziehung mit den Jahren zwar vielleicht nicht mehr so leidenschaftlich ist, aber dafür tiefer. Ich sage, die Kinder können je eine Strophe kriegen, dann hätten wir schon mal drei.
Alte Liebe, neue Liebe, Verzweiflung, Glück, Einsamkeit, Tod - alles findet Platz in diesem skizzenhaften Roman von Stine Pilgaard. Nach Sternzeichen hat sie die nochmals in weitere kurze Abschnitte sortierten Kapitel benannt: von Wassermann bis Steinbock. Ein kurzes Horoskop steht jeweils am Anfang, denn die junge Frau erfindet diese regelmäßig für eine Illustrierte. Es wird nicht ein Erzählstrang verfolgt, erst allmählich fügt sich aus kleinen Geschichten das Bild einer großen Gemeinschaft zusammen, in der die Menschen - trotz getrennter Wohnungen - nicht neben-, sondern miteinander leben. Auf Generalversammlungen wird Praktisches besprochen: Die Fallrohre müssen ausgetauscht werden, die Waschmaschine ist kaputt, das W-LAN funktioniert nur auf dem Dachboden problemlos. Als der Gedanke aufkommt, dort einfach ein Gemeinschaftsbüro einzurichten, ist der Filmkritiker Rasmus begeistert. Und wir stolpern über einen dieser herrlichen Pilgaard-Sätze, die Hannes Langendörfer wunderbar ins Deutsche übertragen hat:
Seine Worte fassen sich an der Hand und bilden schöne Traumlandschaften, in denen die Menschen lächelnd umherspazieren und sich liebhaben.
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https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Lie...ilgaard102.html
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