Philosophien zum Aussuchen (Teil 1)
Agnostizismus
Der Agnostizismus kommt mir sehr gelegen, denn als Realist, der selbst alles nachweisen muss, möchte ich mich mit dem schlichten Glauben an Gott nicht begnügen. Ein Beweis für die Existenz Gottes ist nicht lieferbar, ein Gegenbeweis aber auch nicht. Und wenn ich an die wenig ruhmreiche Vergangenheit der Kirche denke, scheint die Existenz Gottes eher fraglich. Angesichts Millionen Glaubensleichen, der erschreckenden Gewaltbereitschaft gläubiger Obrigkeit und der unsagbaren Dummheit stellt sich mir die –rhetorische- Frage: Woran glaubt Gott?
Dualismus
Der Dualismus findet außer bei Philosophen hauptsächlich bei der müllverwertenden Industrie Verwendung, dem „Dualen System“. Ansonsten ist er Erfinder der Schwarz-Weiss-Malerei und hat für alles, was existiert, ein Pendant bereit: den Teufel für Gott, den Armen für den Reichen, den Einstein für die Katzenberger. Auffallend ist, dass die Philosophie der entgegengesetzten Prinzipien meistens über Pärchen verfügt, von denen ein Partner schwach und der andere stark ist, zudem dominant, damit die Welt auch funktioniert: Gut und Böse, Krieg und Frieden, Intelligenz und Dummheit, China und Helgoland.
Der Dualismus ist eigentlich keine Philosophie, sondern mehr eine Zustandsbeschreibung.
Empirismus
Mit dem Empirismus kann ich aus logischen Mängeln nichts anfangen. Dass Erkenntnis allein auf Erfahrung beruht und auf Sinneseindrücken, lässt auf nur geringe Erkenntnisse schließen. Philosophische Erkenntnisse bleiben mir mangels Erfahrung somit gänzlich verschlossen. Dass ich auch Kenntnisse über Lernen und Denken erwerben kann, die mir dann zu notwendigen Erfahrungen verhelfen, z. B. dass sich Sinnesorgane auch täuschen lassen und Erfahrungen falsch sein können, lässt in mir die Erkenntnis reifen, dass der Empirismus mehr für langjährig verheiratete Ehemänner geeignet ist.
Existenzialismus
Eine resignierte, trostlose Philosophie ist der Existenzialismus, nach der es für die eigene Existenz, nicht einmal für meine, einen höheren Sinn gibt. Auch Gott wird für die eigene Existenzberechtigung nicht benötigt. Es gibt uns, so wie die Amöben und Kakerlaken – und fertig. Wir sind nicht auserwählt, etwas Besseres zu sein, trotz alles Gemetzel um unsere universelle Einmaligkeit. Keine Ameise, kein Wasserbüffel fragt nach dem Sinn des Lebens, nur der Mensch tut es, weil er es kann, und allein deshalb vermutet er dahinter einen tieferen Sinn, der ihn die Vergänglichkeit ignorieren lässt. Seine Arroganz lässt ihn alles zerstören, was einen Sinn ergeben könnte, damit er einen Sinn ergibt.
Der Existenzialist zuckt die Schultern, gönnt sich noch einen Roten und trinkt auf die Gläubigen und Philosophen. Das macht Sinn.
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Philosophien zum Aussuchen (Teil 2)
Hedonismus
In meiner Jugend war ich Anhänger des Hedonismus. Der besagt nämlich, dass Lust das höchste Gut ist, und zwar die Wollust. Das ist mal eine Philosophie, die man hautnah erleben kann. Und die widerlegt auch, dass Philosophen nur Theoretiker sind. Blöd nur, dass man mit zunehmendem Alter nach philosophischen Alternativen sucht, weil einem die Philosophie zu anstrengend wird. Das nennt man Weisheit und der Sieg des Geistes über den Körper.
Humanismus
Im Humanismus ist der Mensch allein. Und zwar im Zentrum von allem. Aber nicht als allwissende Überfigur, sondern als freier Mensch mit freier Denke und überhaupt viel Freiheit. Das lässt sich philosophisch gut verarbeiten, steht in der Tradition der großen Weisen, ist aber leider nicht alltagstauglich. Der Sinn des Lebens des Humanisten besteht in seiner Menschlichkeit, wird meistens nicht vererbt und befindet sich im ständigen Konflikt mit der Realität. Der Humanismus sollte die Bestimmung des Menschen sein, wenigstens philosophisch, steht aber unserer Wichtigkeit im Wege.
Idealismus
Der Idealismus im philosophischen Sinne hat nichts mit dem Nacheifern von Idolen oder Idealen zu tun, sondern konzentriert sich neben der Ethik auf die Metaphysik, dass wahre Realität nur dem Ideellen zugutekommt, was immer das auch für Auswirkungen hat. Die Erkenntnistheorie des Idealismus besagt, dass das Subjekt die Erkenntnis gewinnt. Somit kann man mit dieser Philosophie kaum etwas falsch machen.
Individualismus
Im Individualismus steht der Einzelne, das Individuum, im Mittelpunkt. Wir kennen das aus dem Betrieb, der Politik, dem Sport, beim Grillen, bei Familienfeiern und wenn wir erschöpft von der Arbeit nach Hause kommen und die Schwiegermutter zu Besuch ist. Diese Philosophie ist nicht mannschaftstauglich, wo die Wichtigkeit des Einzelnen eingeschränkt wird. Auf Veranstaltungen und Konzerten, auf der Bühne und im Kino ist diese Philosophie jedoch sehr nützlich. Vor allem, wenn man das vortragende Individuum ist. In Gerichtssälen jedoch ist sie weniger hilfreich.
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Philosophien zum Aussuchen (Teil 3)
Materialismus
Die Philosophie des Materialismus besagt, dass das Geistige nicht unabhängig von der Materie existiert. Das hat mal jemand in den „Raum“ geworfen und seitdem wird darüber diskutiert. Man philosophiere aber tunlichst nicht über die „Materie des Geistes“.
Naturalismus
Im Naturalismus herrscht die Überzeugung, dass man alle Phänomene mit natürlichen Kategorien erklären kann. Das ist praktisch, weil man nicht ins Detail zu gehen braucht und kein Glaube notwendig ist, denn alles, was es gibt und geben kann, das kennt man, und was man nicht kennt, kann es nicht geben. Das Phänomen der eigenen Dummheit z. B. ist gänzlich unbekannt, also kann es die nicht geben, sondern nur die Dummheit der Anderen.
Okkasionalismus
Im Sortiment der Philosophien gibt es auch Ladenhüter, die auf bestimmte Kundschaft warten. Dazu zählt auch der Okkasionalismus, eine Philosophie für Hardcore-Fans. Sie doziert, dass der Dualismus zwischen Körper und Seele nur durch göttliche Vermittlung zu überwinden ist. Offen bleibt, wozu man diesen Dualismus überhaupt überwinden soll. Meiner Theorie nach lässt sich die nötige göttliche Einmischung auch durch schlichtes Ableben ersetzen.
Determinismus
Die Sinnlosigkeit der eigenen Existenz macht den Determinismus deutlich. Wenn es den freien Willen nicht gibt, sind die Banker fein raus. Das ganze europäische Wirtschaftsdesaster basiert gar nicht auf Geldgier und Blödheit, sondern ist vorbestimmt. Der Determinismus ist die Rettung für alle unfähigen Politiker und der Schrecken der Steuerzahler.
Egal, was uns passiert, wir haben es verdient.
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Ich vermisse den Nihilismus. Ansonsten habe ich alles mit einem breiten Grinsen gelesen..
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