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RE: Philo-irgend-etwas

#1 von Karl Ludwig , 20.01.2017 07:56

Präscribente Philosophie: Vermutlich waren Philosophen bei den Babyloniern, Ägyptern, Inkas und anderen Völkern der frühen Jahre noch nicht als anerkannte Berufsgruppe zugelassen. Mächtige Priesterschaften schützten ihr Deutungsmonopol mit recht fatalen Methoden. Vielleicht aber standen damals schon unter den gaffenden Leuten seltsame Menschen, die nur (heimlich, wie ich schlussfolgern muss) den Kopf schüttelten und angewidert davongingen, wenn ihre Hohepriester hunderten Kriegsgefangenen öffentlich das Herz rausrissen, zum Ruhme Quetschiquatschel, der im Gegenzug dafür sorgte, dass der Mais auch üppig gedieh.

Man weiß halt wenig über darüber, unter anderem, weil es verdammt schwer ist, beim Krach von Steinmetzarbeiten einen klaren Gedanken zu fassen. Auch ist es ziemlich vergebens, zentrale Aussagen wie: ‚Ich dachte, ich wäre, also bin ich oder so’ in Knotenschrift zu formulieren.

Falls es noch keiner bemerkt haben sollte: Echte Philosophen gab es also nur in Europa! Das können wir zu Recht, natürlich völlig wertfrei, aber mit einem gewissen patriotischen Standesdünkel feststellen. Wir Europäer hatten es eben drauf. Was sich die Chinesen oder Inder so einfallen ließen, war und ist bloßer Aberglaube irgendwelcher Ausländer. Wohingegen die exakten Berechnungen eines James Usher: ‚Die Schöpfung fand am 21.10. 4004 vor Christus um genau 9.00 Uhr statt’, nachzulesen in der Annales Veteris et Novi Testamente, durchaus ernst zu nehmen sind. (Selbst wenn er sich, um mehrere Stunden vertat.)

Die Geschichte der Philosophie allerdings fing offiziell erst etwas später und bei Thales aus Milet an, der gleich die Metaphysik mit dazu erfand: „Das Wesen der Dinge ist Wasser“. Vermutlich aber meinte er das weniger als überzeugter Materialist, sondern im übertragenen Sinn: ‚Das Wesen der Dinge erscheint ständig anders, doch ist sich immer gleich.’ Oder: ‚Das Wesen der Dinge lässt sich nur schwer in einem Netz transportieren.’

Fragen können wir ihn nicht mehr. Ausschlaggebend ist die Überlegung nach dem Wesen der Dinge, denn diese Frage ist die zentrale Frage jeglicher Philosophie.

Ich bin kein Philosoph und falls das eine Lüge sein sollte, (Alle Bielefelder lügen. Ha! Die ganze Stadt ist völlig unglaubwürdig!) müsste man mich wohl dem Kreise des Epikurs als geschlängelte Tangente zurechen: Rückzug ins Private, Abstand zu den Wirren verwirrter Menschen, Beachtung und Achtung realer Bedürfnisse. Der frühe Vogel kann mich mal und die Zeonisten auch, gemeinsam mit allen anderen verkniffenen Gedankenweltenforschern, die bloß ihren Triebstau sublimieren. Schlechte Leute nennen mich einen maßloser Genießer der Völlerei, nette Menschen einen Hedonisten. Völlerei bedeutet für mich: Alle primären Bedürfnisse optimal befriedigen, alle symbolischen Bedürfnisse erkennen und diese den Anderen von Herzen gönnen, auf jeden Fall aber selber meiden. (Falls der innere Schweinehund nicht gerade selbsttätig agierend den Gegenbeweis erbringt)

Sowieso macht es mich verdammt misstrauisch, wie Philosophen es schaffen, durch bloßes Vertauschen der Hauptworte oder ihrer Synonyme, aus einem einzigen Satz incl. der damit einhergehenden Aussage fünf weitere Sequenzen zu zeugen, - alle mit der gleichen Meinung, welche sich selber durch mantraöse Wiederholungen zu beweisen versucht.

Z.B.: (Es handelt sich gerade um Platon.) ‚Das eigentliche Seiende sind nicht die Dinge, sondern die Urbilder.’ (Schon verstanden: ‚Die Idee ist wahrer als das Konkrete!’) Dann aber hyperventiliert es weiter in geschwafelter Redundanz: ‚Dinge werden ja, was sie sind, nur dadurch, dass sie an den Urbildern teilhaben.’ Jetzt für die Doofen: ‚So sind die Urbilder, die Ideen, das Urwirkliche.’ Und noch einmal für die völlig Blöden: ‚Die Dinge sind bloße Abbilder der Ideen und so von geringerem Grade an Wirklichkeit.’ Gegen Seitenende fasst er kühn aber endlich zusammen: ‚Das eigentlich Wirkliche im Wirklichen ist die Tiefe der Wirklichkeit.’

Wirklich schön gesagt. (So ein Schwallkopp…)

Ich gebe zu; es ist nicht besonders fair, Sätze aus dem Zusammenhang zu reißen und, ausgestattet mit bösartigen Intentionen, mies zu interpretieren. Aber … du meine Güte aber auch. Wer die Idee von der Wirklichkeit für konkreter hält als einen wirklich konkreten Schlag in die Fresse, sollte sich auch daran halten, dito sein Maul, und nicht noch hinzufügen: ‚Das Vergängliche strebt nach dem Ewigen; das ist das Geheimnis der Wirklichkeit.’

Dieser Platon ist den meisten Leuten nur bekannt als Entdecker der platonischen Liebe, in welcher er ein natürliches Verlangen nach der Wahrheit, nach der ‚Urwirklichkeit’ hinter der körperlichen Vereinigung vermutet. Begründet wird dieses mit dem Streben eines Baumes nach dem ideell-idealen Baum, von dem der Baum insgeheim wohl weiß. (Huuuum, würde Opa Pscht nun brumseln.)

Von da ausgehend ist es ihm nur ein kleiner Gedankensprung und der Menschheit (jedenfalls mir) ein gewaltiger Schritt: (Tusch!) ‚Denn deswegen haben Menschen auch einen natürlichen Eifer nach Gerechtigkeit und Visionen von Idealstaaten.’ Diese hätten gefälligst die Aufgabe, so viel Gerechtigkeit wie möglich durchzusetzen.

Ah-Ja, das musste schließlich auch mal gesagt werden. Wohl nur Philosophen sind fähig, ausgehend von völlig bescheuerten Annahmen und mit total überdrehter Denke, dennoch zu den richtigen Schlüssen zu gelangen. In gefühlten ca. 2 % der Fälle.

Platon vergisst dabei, verrät gar, Sokrates, der sich gehütet haben soll, mit Hilfe seiner begnadeten Rhetorik, aus weitreichenden Zweifeln praktische Sinndeutungen zu köcheln und echte Handlungsanweisungen zu batiken. Sokrates war ein Zweifler, Platon ein Bescheidwisser. Also irgendwie gar kein echter Philosoph!

Na gut. Meinetwegen. Denn nicht nur Platon will ich schmähen, sondern die gesamte Philosophie und ihre Handlanger. Es ist ja keineswegs so, dass die meisten Philosophen Menschen mit überdurchschnittlich großer Seele waren und sind. Somit sind sie die lebendigen, äh, größtenteils toten Beweise, dass intensives Beschäftigen mit kolossalen Gedanken keinen unmittelbaren Nutzen für das Leben in sich birgt und auch Nix Charakter Stärken tut. Es waren vornehmlich Sonderlinge auf der Flucht in Wortgebilde. Berauscht von den Möglichkeiten, immer mehr Schwachsinn in vernünftig wirkende Worte zu kleiden, bis Logik simuliert wird. Verliebt in die eigene Abstraktionsfähigkeit und Rhetorik. Spielen mit der Mehrdeutigkeit von Begriffen nebst willkürlicher Neudefinitionen der Inhalte.

Aber reicht das aus? Ich meine: „Ja!“ Philosophie lebt von der Selbstbezüglichkeit und sollte erst mal ganz bescheiden ohne weitergehenden Anspruch im Sein sein, oder von mir aus auch dahinter. Die meisten Blumen haben keinen ausgeprägt großen Nutzen, wenn man nicht ausgerechnet eine Biene ist. Sie dienen nicht dem Gott Es-sind-die-Ergebnisse-auf-die-es-ankommt-und-die-müssen-sich-rechnen-lassen. Sie sind. Basta! Und siehe, sie sind gut und (Eine Zeit lang) schön und deswegen wahr. (Leises, gehässiges Kichern)

Nun, ich habe nichts gegen Gedanken, die über den Alltag hinausgehen. Ich finde es schön, (fürWahr) wenn Leute über sich und den eventuellen Sinn dahinter nachdenken und dadurch, wenn sie Glück haben, zu Menschen werden. Ich finde es nur blöde, wenn sie den erst besten Schwachsinn annehmen, falls er nur genügend wichtig tut, mit großen Worten hantiert und Loslösung von ihrer eigenen Banalität verspricht. Man operiere wortgewaltig mit Leerhülsen wie Gott, Vaterland, Pflicht, Wahrheit, Seele, dem eigentlich Seienden, Urwirklichkeit, Ewigkeit, Ehre, Gnade, Kosmos etc. und fülle sie mit Bedeutungen eigener Wahl auf, in Absprache der persönlichen Macken. Damit kann man Leute beeindrucken und ihren verhängnisvollen Drang nach Gewissheiten kanalisieren. Und auf diese Weise kann man auch herrlich die Verwirrung der Geistig Armen für eigene Interessen nutzen. So gehen jedenfalls Politiker und Priester vor und all die anderen macht- und/oder geld- und/oder publicitygeilen Blödmöpse. Philosophen auch! Oh, welch eitles Gewürm hat mich da umzingelt! Zu denen will ich keinesfalls gehören.

Ich habe sogar nichts gegen Leute, die mit ihren Gedanken ganz woanders weilen, bzw. gar nicht erst über das ‚Wesen der Wahrheit hinter dem Sein des Urwirklichen’ nachdenken. Hauptsache ist, sie hören auf zu lärmen und versuchen nicht, mir ins Hirn zu scheißen. Mein Leben ist mir Lebensaufgabe! Viel wichtiger als die Verwirrtheit anderer. ICH (Der Mensch ist …) bin das Maß aller Dinge. Soweit ich weiß, stammt der Spruch zwar von einem Produktdesigner, aber deswegen muss ich ihn doch nicht automatisch ablehnen…

(In einem anderen Beitrag schrieb ich, dass der Mensch NICHT das Maß aller Dinge sei. Das gildet aber nicht für mich.)

Der Begriff Philosophie war zu Zeiten von Heraklit und Co. noch ein anderes Wort für Allgemeinbildung. Politik gehörte genau so dazu, wie die Mathematik und andere Naturwissenschaften, Musik, Religion, Dichtkunst und sogar kaufmännische Denke. Ab später, so mit dem Aufkommen des Christentums, passierte in der Philosophie fast 2.000 Jahre lang erst mal wenig Bemerkenswertes. Bloß der Kaffe wurde kalt und Augustinus, Anselm, Thomas, Eckhart, Nicolaus, Descartes, Pascal und Spinoza, so erscheint es mir, erschöpften sich in dem Bemühen entweder Gott zu beweisen oder klammheimlich zu widerlegen. Die Kirche schützte damals ihr Bescheidwissermonopol, indem sie auf Zweifel und Zweifler mit finalem Einsatz von Brennholz reagierte. Es war schon immer recht gefährlich zu hinterfragen, wenn sich Religion oder Politik (Oder die Nachbarschaft) zum Hüter der allein Selig machenden Wahrheit aufschwingt. Die Sokratesultima sind nicht gesund.

Und heutzutage? Vielleicht sollte man die Trennung in Gewichtungen und das übergroße Interesse an einem übergroßen Watakonga wieder rückgängig machen und alles in ein gemeinsames Bett legen? Dann packen wir noch als Hupferle Psychologie, Religionswissenschaften (aber bitte ohne maßgeblichen Einfluss der Kirchen), Anthropologie, Soziologie und Kunst dazu (Habe ich was vergessen? Na Gut. Und Nachhaltigkeit. Ja, und auch die Menschenrechte für Affen und Wale) Wir sollten mit holistischer Methodik den Methoden der einzelnen Disziplinen begegnen. Wie man das macht? Indem man zuerst einmal die holistische Methodik mit Hilfe holistischer Methoden entdeckt und anschließend wieder zerlegt und seziert? Keine Ahnung! Denn sehet, nicht Rat schlagen will ich, sondern Unverständnis zeigen und blöde hinterfragen, denn ich bin ein ehrenwerter Mann.

Und so schließe ich meinen Exkurs in die Gefilde größerer Geister, als ich jemals einer sein werde, und erlaube mir ein schnodderiges Resümee: Die Sprachnutzung der Philosophen ist bestenfalls Wortmissbrauch: Sie geben den Dingen einen Namen und sprechen anschließend dem Wort selber eine eigene Identität zu. Abstraktionen aber, wie z.B. die unscharfe, recht flüchtige Empfindung ‚lieben’ geben erst im Kontext ihren Sinn preis. „Ich liebe Sauerkraut.“ hat eine andere Sinnigkeit als: „Ich liebe es, verarscht zu werden.“, oder: „Ich liebe Dich.“ Wenn man zusätzlich den Aggregatzustand ‚lieben’ subjektiviert, substantiviert, kurz, verdinglicht und als ein eigenständiges Etwas behandelt, wie etwa in: ‚Liebe ist die Ursache des Universums’, tja, dann hat man den Salat. Zwei Abstraktionen und die Unendlichkeit. Damit kann man viel anstellen. Im ersten Ansatz begnügt man sich mit bloßem Vertauschen: ‚Die Liebe des Universums ist die Ursache.’ oder: ‚Das Universum ist die Ursache der Liebe’ Der zweite Schritt wäre die Anwendung von Synonymen. Oder synonym genutztes Wischiwaschiblahblah. Später kann man Antonyme zuordnen, Synthesen erstellen, mit der Mischung unterschiedlicher Abstraktionsebenen spielen, andere Verdinglichungen reinrühren und Gedankengebäude errichten, die es schwer in, oder eher an sich haben. Ganz viel schlau sprechen.

Als halb überzeugter Hedonist darf ich nur eine Wahrheit gelten lassen: Glücklich macht mich nicht die Idee dahinter, sondern das Konkrete davor! Solange es sich nur ficken, fressen, saufen, anpumpen, lesen oder rauchen lässt, also irgendwie zu meinem Wohlbehagen beiträgt.

Klar?


Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!

Karl Ludwig  
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