Alfons ist möglicherweise nicht der Klügste, aber unter dem Aspekt 'irgendwie klarkommen' scheint das auch gar nicht nötig zu sein, ja, vielleicht garantiert ein gewisses Maß an Einfalt sogar erst diesen ungetrübten Seelenfrieden, nach welchem die Klugen häufig in Workshops und vermutlich genau so häufig vergeblich suchen.
Dumm zu sein ist manchmal gar nicht so dumm. Jedenfalls langt es für einen gemütlichen Nischenjob als Hausmeister in der Schlosskirche zu Wittenberg. Dieser Arbeitsplatz hat genügend Ecken, hinter denen er zu verschwinden pflegt, sobald er näher kommende Schritte hört.
Heute morgen ruft er mich aber ganz aufgeregt an: „Jemand hat das Grab von Luther geschändet. Der Deckel liegt daneben, und drinnen ist alles alle.“
„Du meinst, Luther liegt nicht mehr in seinem Sarg?“
„Ja. Hoffentlich macht man mir keine Vorwürfe.“
„Leg den Deckel doch einfach wieder drauf und schleiche Dich leise pfeifend davon. Wen interessiert schon das Gebein von diesem Luther.“
„Die Schiebetür zu meiner Werkstatt hat auch irgend so ein Idiot aufgebrochen ...“
„Fehlt etwas?“
„Ja. Ich stehe gerade vor diesem Durcheinander. Das Kopfkissen, mein Lieblingswerkzeug, ist aufgeschlitzt; überall fliegen hier Federn herum und eine dunkle Flüssigkeit, Moment, hm, Holzbeize, mit welcher ich die Patina überall dort erneuere, wo sie abgewetzt erscheint, ist in dem ganzen Raum verteilt.“
„Patina erneuern?“
„Na-ja. Nun frömmel hier mal nicht herum. The Show must go on. Morgen ist doch Martin Luther Tag. Was glaubst Du denn, was dann hier los sein wird.“
„Oh. Schnell den Deckel drauf und nix wie weg.“
„Ein Hammer, Nägel und der Verbandskasten fehlen auch.“
„Putzig.“
„Na. Ich werde nun auf Dich hören und den Deckel wieder an seinen Platz legen. Aber der wiegt, sage ich Dir. Vielleicht brauche ich Helfer für dafür und dann ist es ja sofort Allgemeinwissen.“
„Du bist ein Menschenkenner. Gib einfach Alles! Ruf mich irgendwann mal an und erzähl mir, wie die Geschichte aus ging.“
Keine zehn Minuten später klingelt das Telefon schon wieder: „Der Deckel liegt von selbst wieder drauf.“
„Und? Liegt Martin auch wieder da, wo er die letzten Jahrhunderte lag?“
„Ich habe kurz nachgesehen. Puh, war der Deckel schwer. Ich musste einen Wagenheber benutzen. Er hat sich in seiner vertikalen Achse horizontal um 180 Grad gedreht.“
„Sag mal, liest Du heimlich Bücher? Was ist denn das für eine geschraubte Sprache? Liegt auf dem Bauch ist ausreichend genau. Und haben wir deswegen überhaupt ein echtes Problem? Meinst Du etwa, irgend ein Pastor wird nachgucken?“
„Nö. Die letzten paarhundert Jahre wurde der Deckel nicht bewegt, schätze ich mal.“
„Also alles in Butter?“
„Schon, nur finde ich das Ganze irgendwie seltsam. Ich versuche mir vorzustellen, was im Kopf eines Einbrechers vor sich geht, der Luthers Knochen und Werkzeuge stiehlt - und wieder zurück bringt.“
„Ach, es ist bestimmt besser, nicht darüber zu spekulieren. Manchmal geht es in den Hirnen der Leute dermaßen unsortiert zu, dass die selber nicht Bescheid wissen.“
Soweit Alfons Beitrag zu dem Ereignis, von dem die Nachrichtensender übermorgen ungläubig berichtet haben werden (wann kann man schon im Past-Futur schreiben? Selten!).
Ein halbdurchsichtiges, recht knöcherndes Schemen sei wie ein wandelndes Hologramm zum Portal geschritten, hätte einen gelben Notizzettel dran genagelt und wäre dann wieder verschwunden.
Und auf dem Blatt hätte in grässlicher Orthographie geschrieben gestanden „Nr. 96! Tu solet nimer mer hap Plastikfeiertagimport ut Am'ika pei mine Gödentak.“
Na und?
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Eine feine Idee, den Luther auferstehen zu lassen, damit er auch noch die 96. These an die Tür nagelt. Übrigens: Die Hausmeister von Kirchen heißen Küster.
Gödentak ist toll, vermutlich unbekannte schwedische Gene.
Ansonsten hab ich mich wieder recht gut unterhalten gefühlt. Danke dafür!
Sirius
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Vielleicht handelt es sich auch um ein futurales past perfekt. Meine Mutter war Deutschlehrerin in Istanbul gewesen, die würde mir garabtiert Bescheid gegeben haben. Aber Hallo aber auch! Allerdings geht es auch um den morgigen Tag. Von dem aus betrachtet schrieb ich wohl im past futur perfekt.
Oder so. Tempus ist nicht so mein Ding. Enorm, wie weit man mit Ignoranz und Zehntelwissen über die Runden kommen kann.
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Mit dem 31.11. hast du mich ein wenig in die Irre geführt, Karlchen. Dachte ich doch, wir bekämen zu dem heutigen freien Tag noch einen zusätzlichen Tag geschenkt. Auf Luther, diesen ..., ach lassen wir das, war ich nicht vorbereitet. Nichtsdestotrotz hat mich deine Geschichte amüsiert.
Dem Schreiber der 96. These sei aber mit auf den Weg gegeben, dass der Plastikfeiertag irisch und so neu nicht ist.
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Liebe Scrabblix,
dass dieser Brauch ursprünglich aus Schott- und Irland kam, wusste ich schon seit mindestens drei Tagen, - meine ... äh ... klärte mich auf. Allerdings wurde dieses Brauchtum, - wie sogar der Deutsche Weihnachtsmann -, plastifiziert und kam dann wieder ziemlich verfremdet zurück nach Europa, speziell dieser unmögliche Hohoho-Typ.
Wenn ich mich nicht irre, was allerdings recht häufig geschieht.
Gegen Irlandisierung hätte ich nichts einzuwenden. Hmmm. Irish Stew mit freilaufenden Angusrinderfleisch. Echte Steaks vom Grill. Luftgetrocknetes Cornet Beef. Pemikan. Geräucherte Filets. Und frischen Fisch.
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Irish Stew? Ja! Aber bitte mit Lamm! Die Portion darf ruhig etwas größer sein.
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