Und wat kommt nu?
Bratkartoffelverhältnis
Regen tränt an Fensterscheiben
Volksempfänger bölkt
Hände die Kartoffeln reiben
Himmel ist bewölkt
kratzts wenn Nachbarn leise tuscheln
Einsamkeit ist kalt
Seelen brauchen was zum Kuscheln
leben mit Gewalt
Muckefuck ruht in der Kanne
Bruchstück tönt vom Krieg
Heißes Öl schwimmt in der Pfanne
schillernd – wie der Sieg.
scrabblix
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=2387
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
Beiträge: | 6.269 |
Registriert am: | 05.11.2015 |
Endlich bist du auch mal dran, Lotte! Und das ist wirklich ein ganz tolles und wunderbares Gedicht aus deiner Feder.
Herausragend!
Sirius
Reset the World!
Beiträge: | 27.028 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Ja, endlich, liebe Lotte. Ich mag besonders deine sprachlichen Miniaturen - präzise, auf den Punkt und doch steht unendlich viel zwischen den Zeilen...
Liebe Grüße
Frollein a.
Beiträge: | 2.173 |
Registriert am: | 27.01.2016 |
Meinen Applaus, Lotte!
Tolle Verse, die genau hier her, in die Tacheles- Top Themen gehören.
Freut mich für dich!
Jonny
Beiträge: | 3.469 |
Registriert am: | 05.11.2015 |
Dank euch, ihr Lieben!
Und schon gehts weiter mit:
weegee!
Wie es ist
Dreh den Schlüssel dreimal um,
karre Barren vor die Türe,
putz Figürchen für den Sims,
küsse deine große Liebe.
Zähle deine bunten Schnüre,
fresse aus der großen Schüssel:
Sauf mit den erkauften Freuden
auf das verdiente Dings.
Dreh den Schlüssel dreimal um:
drüben stiert die Sehnsucht, leckt.
weegee
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=4772
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
Beiträge: | 6.269 |
Registriert am: | 05.11.2015 |
Großartig die Sprache von weegee, die an Richard erinnert, aber ihre eigenen Akzente hat.
So wird die Wortwahl unerschöpflich, so eindringlich und kräftig.
Dies Gedicht ist ein eindrückliches Beispiel.
Sirius
Reset the World!
Beiträge: | 27.028 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
OHHHHH! Da hätte ich NIEMALS mit gerechnet, hier Erwähnung zu finden in diesem Ranking. Und dann noch mit DIESEM Gedicht. Wo ich doch noch nicht sooo lange dabei bin (mittlerweile schon). Ich freu mir gerade den Hintern ab. Und: vielen Dank für eure Wertschätzung!
Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
Beiträge: | 2.533 |
Registriert am: | 20.12.2016 |
Wieso nicht mit DIESEM Gedicht, weegee? Die erste Strophe ist der Hammer, die zweite lädt zum Mitfeiern ein, die dritte lässt rätseln und will entschlüsselt sein. Besser gehts doch gar nicht!
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
Beiträge: | 6.269 |
Registriert am: | 05.11.2015 |
Und verdient hat es es obendrein! Er schreibt einfach genial!
Sirius
Reset the World!
Beiträge: | 27.028 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Glückwunsch!
Jörn, du schreibst nicht nur famos - du lässt auch ganz wunderbare Kommentare hier.
Und wenn ich nicht so oft auf deine Gedichte antworte, dann nur deshalb weil ich vermute,
dass ich ständig danebenliege. Aber ich lese deine Verse wirklich gerne.
Jonny
Beiträge: | 3.469 |
Registriert am: | 05.11.2015 |
Vielen, vielen Dank, Jonny. Ich freu mich über jeden Kommentar, jedes Lob, jede sachliche Kritik. Aber DAS LESEN ist das Wichtigste.
LG, Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
Beiträge: | 2.533 |
Registriert am: | 20.12.2016 |
Zur Abwechslung mal wieder eine Geschichte
von:
SIRIUS!
Wo ist mein Geld?
Grete Filbert (82) gewann in der Lotterie zehntausend Euro. Sie war eh nicht vermögend, lebte nach dem Ableben ihres Mannes allein in einem kleinen Häuschen, auf das ihre Feiertagskinder schon seit Jahren mehr als ein Auge geworfen hatten. „Feiertagskinder“ nannte sie ihre Tochter und die beiden Söhne, die sie nur an den Festtagen abwechselnd besuchten, immer mit der unverhohlenen Absicht, Grete ein Altenheim schmackhaft zu machen, worauf diese immer sehr zornig wurde.
Grete war zwar etwas naiv und weltfremd, aber dass sie für ihre Kinder nur noch ein widerspenstiges Ärgernis war, ließ sie wortkarg und abweisend werden. Und unter keinen Umständen sollten diese vorlauten Gören erfahren, dass ihre Mutter plötzlich über einen ansehnlichen Notgroschen verfügte.
Und so ging Grete Filbert an einem Donnerstag zu ihrer Sparkasse.
Etwas gebückt, aber noch mit einem forschen Schritt, die schwarze Handtasche fest unter dem Arm, ging sie zu einem der freien Schalter, wo ein junger Mann mit schwarz gegeltem Haar sie bereits freundlich erwartete.
„Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“
Grete mochte ihn nicht. Diese schlanken gepflegten Finger, die wohl noch nie einen Garten umgegraben hatten, dieses dämliche Lächeln, das ihr ein Gefühl der Unsicherheit gab, dieser allwissende überlegende Blick, den all die Klugscheißer besaßen, die ihr in ihrem Leben schon alles mögliche angedreht hatten, machte sie misstrauisch.
„Ich möchte meinen Gewinn abholen“, sagte Grete leise.
„Sie haben gewonnen?“, fragte der Mann viel zu laut, „da gratuliere ich Ihnen aber herzlich. Haben Sie Ihre Kundenkarte dabei?“
„Ich heiße Grete Filbert und bin seit 45 Jahren Kundin bei dieser Bank“, antwortete sie ärgerlich.
„Gewiss, Frau Filbert. Ich benötige nur Ihre Kontonummer.“
Frau Filbert öffnete ihre Handtasche, zog umständlich ihre Geldbörse hervor, legte die Bankkarte auf den Tresen und entfaltete einen auf Briefmarkengröße zusammen gelegten Kontoauszug.
„Das Geld ist schon da. Hier, sehen Sie!“ Sie schob ihm den völlig zerknitterten Auszug hinüber.
Der Angestellte lächelt, gab etwas in den Computer ein, nahm dann einen Auszahlungsschein zur Hand, um ihn auszufüllen.
„Welchen Betrag möchten Sie ausbezahlt haben, Frau Filbert?“
„Na, hier steht’s doch, hm?“ Beinahe mitleidig schob sie ihm den Kontoauszug hin und nickte dabei.
„Natürlich, Frau Filbert, es ist alles in Ordnung. Ich möchte nur wissen, welchen Betrag Sie ausgezahlt haben möchten.“
Grete schaute den Mann verständnislos an.
„Na, alles natürlich.“
„Alles? Frau Filbert, das sind zehntausend Euro! So eine große Summe kann ich Ihnen nicht auszahlen.“
„Junger Mann“, entgegnete Grete streng, „Wollen Sie behaupten, dass ich erst eine Vollmacht brauche?“
„Nein, um Gottes Willen. Es geht nur darum, dass wir eine so große Summe nicht kurzfristig verfügbar haben“
„Aber das Geld muss hier sein. Man hat es mir doch geschrieben. Schon vor einer Woche!“
„Selbstverständlich, Frau Filbert. Der Geldeingang ist ja auch auf dem Computer verzeichnet. Aber aus Sicherheitsgründen halten wir in unserer Filiale keine größeren Summen zur Auszahlung bereit.“
„Und wo ist jetzt mein Geld?“, fragte Grete erzürnt.
„Sie können natürlich jederzeit darüber verfügen. Wenn Sie eine größere Summe abheben möchten, vereinbaren wir einen Termin und dann zahlen wir es Ihnen aus.“
„Termin?“, fragte Grete entsetzt, „aber dies ist doch eine Bank! Wo haben Sie denn mein Geld hingeschafft?“
„Frau Filbert“, versuchte der Schaltermensch zu erklären, „bei einer Überweisung werden die zehntausend Euro ja nicht in bar hierher gebracht, sondern sie findet über den Computer statt und…“
„Und was macht der Computer jetzt mit meinem Geld?“ Grete wurde langsam zornig.
„Er schreibt es Ihrem Konto gut, Frau Filbert.“
„Na, Gott sei Dank. Es liegt jetzt also auf meinem Konto?“
„Genau.“
„Und dieses Geld von meinem Konto möchte ich jetzt ausgezahlt bekommen!“
Der Mann sah sich verzweifelt um.
„Für Auszahlungen ab dreitausend Euro benötigen wir eine Vorlaufzeit von zwei Tagen. Wenn Sie es wünschen, halten wir am Montag die Summe für Sie bereit, Frau Filbert.“
„Und wo ist mein Geld am Wochenende, junger Mann?“
„Ihr Geld ist völlig sicher. Es befindet sich in den Tresoren der Zentrale.“
„Haben Sie keinen eigenen Tresor in der Bank?“
„Natürlich, Aber aus Sicherheitsgründen dürfen wir…“
„Ja, das weiß ich ja nun schon“, unterbrach ihn Grete unwirsch, „und nun muss jeder, der an sein eigenes Geld will, erst einen Antrag stellen…“
„Wir vereinbaren nur einen Termin, damit wir Ihr Geld auch dann zur Verfügung haben, wenn Sie es brauchen.“
„Ich brauche es jetzt und es ist nicht da.“
Der Angestellte bemühte sich, gütlich zu schauen.
„Wie wäre es, wenn ich Ihnen jetzt eine kleinere Summe auszahle, und am Montag können Sie den Rest abheben?“
„Am Montag kann ich schon tot sein.“
„Frau Filbert, wofür brauchen Sie denn so schnell eine so große Summe?“
„Junger Mann! Ich brauche das Geld für mich. Wenn ich es habe, weiß ich, wo es ist. Sie wissen ja nicht, wo mein Geld jetzt ist. Die Lotterie hat es hierher geschickt, und Sie haben es in irgendeinen Tresor gelegt, aber Sie erzählen mir, es liegt auf meinem Konto.“
„Die Buchung erfolgt auf Ihrem Konto, und Sie können Überweisungen in jeder Höhe tätigen oder bargeldlose Geschäfte durchführen. Lediglich größere Barauszahlungen müssen Sie vorher anmelden.“
„Es gab Zeiten, da haben Sie fünf Milliarden ausbezahlt und meine zehntausend Euro sind jetzt plötzlich ein Sicherheitsrisiko. Und was ist mit den anderen Kunden? Kommen die alle nicht an ihr Geld ran?“
„Frau Filbert, wir sind ja eine Bank und…“
„Ach was…“
„Und es werden Ein- und Auszahlungen getätigt, Geld arbeitet ja für unsere Kunden…“
„Und für wen arbeitet mein Geld gerade?“
„Sehen Sie, der Herr Müller zahlt fünftausend ein, und der Herr Meier hebt fünftausend ab oder der Herr Schmitt zahlt fünftausend ein und Herr Wagner erhält einen Kredit über fünftausend. “
„Ich kenne diese Leute nicht. Müssen die jetzt alle bis Montag warten? Und ist das nicht ein Sicherheitsrisiko, wenn Sie am Montag soviel Geld auszahlen müssen?“
„Das war nur ein Beispiel, Frau Filbert. Ich meinte, einer zahlt ein, und ein anderer hebt ab, so hält sich der Kapitalbedarf die Waage.“
„Aber mein Geld ist ja nicht da. Also muss es schon jemand abgehoben haben, der nicht bis Montag warten musste:“
„Wir versuchen nur alle Kunden zufrieden zu stellen. Stellen Sie sich vor, wir hätten viel Bargeld in der Filiale und dann kommen Bankräuber und stehlen Ihr Geld.“
Grete sah den Angestellten streng an.
„Ich bin nur alt, aber nicht dumm, junger Mann. Warum sollten die denn ausgerechnet mein Geld stehlen? Es weiß doch niemand davon, nur dieser dumme Computer. Und nicht einmal Sie wissen, wo mein Geld gerade ist.“
„Es ist doch auch in Ihrem eigenen Interesse, Frau Filbert. Wenn Ihnen auf dem Weg nach Hause das Geld gestohlen wird, ist es weg, weil es nicht versichert ist.“
„Und wenn ich trotzdem überfallen werde, und der Räuber schlägt mir aus Frust den Schädel ein, weil ich kein Geld habe, dann bin ich tot, und mein Geld liegt in der Zentrale im Tresor. Und Sie geben es dann am Montag den Herrn Wagner als Kredit.“
Der Mann lächelte gequält ob dieser Logik und antwortete nicht.
„Gut“, fuhr Frau Filbert fort, „dann werde ich am Montag wiederkommen und hoffen, dass bis dahin ihre Bank seriöser geworden ist und nicht ihren Kunden ihr Geld vorenthält, weil sie wohl kein eigenes hat.“
„Möchten Sie denn noch eine kleinere Summe mitnehmen?“
„Ich habe noch Kleingeld im Sparschwein, da komme ich aber momentan aus Sicherheitsgründen nicht ran, damit es nicht die Bank bekommt.“
Sirius
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=2490
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
Beiträge: | 6.269 |
Registriert am: | 05.11.2015 |
Herrlich, Sirius, herrlich. Wir arbeiten für etwas, das es gar nicht gibt, sondern nur im Computer. Das muss man sich mal vorstellen!
LG, Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
Beiträge: | 2.533 |
Registriert am: | 20.12.2016 |
Eine lustige Geschichte, Sirius.
Mir gefällt der Blickwinkel dieser alten Dame, welcher in einer anderen Zeit geboren wurde.
Möchte mir nicht vorstellen, wie ich in zwanzig Jahren vor einem Computer stehe,
und ihm Rechenschaft ablegen muss, warum ich schon wieder Geld brauche...
Einfallsreich geschrieben - hat seinen Platz hier mehr als verdient!
Jonny
Beiträge: | 3.469 |
Registriert am: | 05.11.2015 |
Ich danke euch beiden ganz herzlich! Ich war jetzt selbst überrascht, dass es diese Geschichte geschafft hat.
Irgendwann in naher Zukunft wird es kein Geld mehr geben, weil man uns datentechnisch komplett ausschlachten will. Dann verfügen andere über das eigene Konto. Aber wie immer ist es das doofe Volk, das diesen Schritt geht, es muss nur jemand vorlegen. In den USA baut Amazon ja 3000 Läden, wo man ohne Bargeld bezahlt und man selbst nur noch gescannt wird, wenn man den Laden betritt.
Da wird man sicher auch hier ganz geil drauf sein.
Dann lese ich den Doofen vielleicht mal diese Geschichte vor.
Sirius
Reset the World!
Beiträge: | 27.028 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Ein eigenes Forum erstellen |