Auch von mir einen Glückwunsch, Leo! Ein sehr berührendes und kluges Gedicht! Bravo!
Sirius
Reset the World!
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Fein gemacht, Leo - Glückwunsch!
Jonny
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Oh ha, ich erinnere mich. Mir fiel es nicht leicht mit der Thematik und Dank eurer wertvollen Tipps, ist es einigermaßen gelungen.
Vielen Dank für die Glückwünsche!
Leo
Schreiben macht schön.
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Mit einem Klick Vorsprung hat
KARL-LUDWIG
den nächsten Klickparadenplatz ergattert:
A day in my life
(Theaterstück mit einer Person und ohne Zuschauer)
Endlich hebt sich der Vorhang. Ein Spottlicht dimerisiert sich und beleuchtet kegelförmig einen Haufen Klamotten mit Kopf und Armen, der bequem auf einem Sofa hingestreckt mit hochgelegten Füßen ins Publikum blinzelt und dabei vernehmlich ein (Ihr wisst schon, so ein Theatermurmeln bis zur Empore): "Oh nein, nicht schon wieder." von sich gibt, während das Orchester ihre letzten Synchronisierungen beendet. Kurze Stille und dann klagt ein Cello verloren an:
"I'm dreaming my life away..."
Auf dem Tischchen vor dem Sofa steht eine Wasserpfeife, im ungelesenen Pflichtenheft als Requisit: 'Blubber' bezeichnet. Die Gestalt richtet sich auf, mühsam wie es scheint. Langsam wird es auf dem Rest der Bühne heller und man erkennt ein messikeskes Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer. Nein, 'kreatives Durcheinander' wäre gelogen, 'unaufgeräumt' nicht ausreichend aussagestark, 'zugeschlampt' nur ungenügend umfassend, denn hier waltet hemmungslos das Chaos und es ist auch nicht auszuschließen, dass sich in den Wäschebergen spontanes Leben entwickelt. Das Orchester teilt mit, dass es diese Meinung teilt und zwar lautstark und mit einigen Takten aus der Pathetique.
Die Gestalt hustet hingebungsvoll, stopft sich ein Pfeifchen, raucht, hustet noch hingebungsvoller und gesteht zu einer Orchesterversion von Radioheads Creep: "Ich bin ein Penner. Sozialschmarotzer. Nichtsnutz. Faulpelz. (modern: Hedonist). Doch, doch, bin ich. Ehrlich! Damit kann ich wunderbar leben und wer das nicht kann, sollte sich sofort verpissen."
Das ist natürlich nicht nur stark postmodern provokativ, sondern auch prätraditionell feige, schließlich sitzt da kein einziger Zuschauer. Säßen da allerdings einige betrunkene Rocker, würde er den Text sofort modifizieren, egal ob Manuskript ... und überhaupt, wo ist das überhaupt?
"Ich habe nämlich vor, in diesem 'Stück für einen Deutschen Penner' meine Ausreden vorzustellen."
Das Orchester verlässt unauffällig den Graben und die Musiker sind froh, nicht mehr benötigt zu werden. Die Gestalt auf der Bühne schlurft zum PC und schiebt eine Raubkopie von Jeff Becks Live at Ronnie Scotts in den Rechner.
"Mein Leben ist strukturiert. Getreu der Devise: Ein sich selbst organisierender Organismus stellt zu allererst sein eigenes Überleben sicher. Das ist keine besonders große Herausforderung, wenn man, wie ich, hemmungslos unsere Solidargemeinschaft mit der Begründung ausnutzt: Besser ich verarsche, als dass ich mich verarschen lasse. Warum bis zum 'Burn-out' hektische Schwimmübungen abhalten, wenn doch überall aufgeblasene Luftmatratzen rum liegen?
Außerdem kann ich darauf verweisen, dass ich bei meiner subversiv-kriminellen Veranlagung eigentlich ins Gefängnis gehöre, was aber dieser Gesellschaft noch teurer zu stehen käme: Ein Gefangener kostet den Steuerzahlern 202,70 € pro Tag.
Womit meine Affinität zu Drogenmissbrauch entschuldigt wäre. Solange ich aufpasse und dafür nicht ins Gefängnis gehe, bin ich sozial, denn dann koste ich nur 24,00 €. Und als bekennender Kiffer bin ich eh nicht vermittelbar. Da ich als Abteilungsleiter geführt werde, klappt das schon seit 40 Jahren (mit Unterbrechungen, wenn mich zwischendurch mal dieser widerliche Ehrgeiz packte und ich mir etwas beweisen wollte) - nein, ich schäme mich nicht vor Euch - viel schlimmer, manchmal schäme ich mich vor mir selber und anschließend schäme ich mich dafür, mich geschämt zu haben. Nur damit Ihr auch wisst, mit was für Problemen ich so zu kämpfen habe...
Wie also sieht mein typischer Tag aus: Aufstehen, im Winter Heizkörper aufdrehen, Musik anstellen, Kaffee, Klo, zu Ende anziehen, noch'n Kaffee und heftigst hustend das erste Kawumm. Flach auf mein Lieblingssofa (davon besitze ich drei Stück) legen und eine 'To do Liste' anfertigen. Ich bin bemüht sämtliche Aktionen, bei denen ich die Puschen aus- und die Straßenschuhe anziehen muss, auf den Vormittag zu legen. Was liegt heute an? Arzt? Bürokratie? Einkauf?
Nix! Alles schon gestern in einer Gewaltaktion von immerhin einskommafünf Stunden erledigt. Und morgen brauche ich auch nix, ja, die Vorräte reichen sogar bis übers Wochenende.
Das gibt mir schon mal, in Kombination mit THC, ein beruhigendes Gefühl. Nein, heute keine Termine. Wunderbar. Das Leben ist herrlich, wenn man völlig verantwortungslos mit der Zeit umzugehen gelernt hat (Von wegen! Zeit sei Geld! Pah!), wenig Bedürfnisse hat und ein sonniges Gemüth. Meine Energiebilanz ist auch beachtenswert, ich habe nämlich nachgerechnet und sämtliche mir bekannten Tricks der Statistik angewandt: 18,2 Typen so wie ich belasten die Umwelt ähnlich stark, wie nur ein Einziger von Euch!"
Die Gestalt zeigt anklagend (mit Mittelfinger) in den Zuschauerraum, beeindruckt allerdings mangels Zuschauer kaum jemanden, noch nicht einmal sich selber.
"Ich ziehe mir dennoch kurzfristig andere Schuhe an, lustwandele zur Werkstatt und rahme eine selbstradierte Skitze mit Bambus ein, was übrigens nicht gerade einfach ist. Dauert auch glatte drei Stunden. Alles mit Klarlack übersprühen. Kurzer Gang durch den Garten, ja, die Papavaria und die 'Deutsche Hecke' kommen gut. Einige schleimende Kriechetwas erlernen nicht schnell genug das Fliegen, als ich sie aufklaube und weit weg werfe. Soviel zur Evolution.
Auf dem Rückweg hole ich die getrocknete Radierung eines (selbstverständlich nackt) tanzenden Mädchens aus dem Lackierraum und drücke sie einem, vor der Tür Zigarette rauchenden Nachbarn, in die Hand: "Da! Du fandest doch diese Studie von mir damals recht hübsch. Als Dank für die stationäre Behandlung meines Rechners." Er blickt baff, nicht unerfreut. Schmunzelnd ziehe ich weiter. Ach ja, die gute Tat erfüllt die Seele doch mit erhabenen Gefühlen, gelle?"
Aber nun ist es gerade mal 12.00 Uhr Mittag. Und alles erledigt - na ja, da wäre noch Toilette putzen, Waschmaschine füttern, Abwasch, Kochen …
Ach, das kann ich alles, bis aufs Kochen, auf Morgen verschieben. Nee, noch besser, auf Übermorgen, schließlich kommt es nach Wochen nicht mehr auf einen Tag mehr oder weniger an. Vielleicht ab Montag? Egal, darüber werde ich ab Dienstag nachdenken.
Nun habe ich erreicht, was ich wollte. Nix zu tun - um Himmels willen, was mache ich nun? Ich meine, außer noch Einen Durchzuziehen?
Schreib es auf?
Tu ich doch ständig!
Vorhang!
Karl-Ludwig
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=3138 188
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Karl-Ludwig hats verdient auf jeden Fall. Auch mit dieser tollen Story. Seine Kreativität ist unerschöpflich und er ist eines der besten Aushängeschilder von Tacheles. Bravo zu dieser tollen Platzierung!
Sirius
Reset the World!
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Ihr beschämt mich. Ich versuche doch nur, mir die Lange Weile etwas interessanter zu gestalten.
Außerdem bin ich viel schlimmer, als in der Geschichte dargestellt. Als ich heute jemanden fragte, ob er denn ein zeit-reguliertes, auf Geld und Konsum ausgerichtetes Leistungsleben für normal halte, blickte der nur völlig verständnislos aus der Wäsche. Nachdem ich ihm erklärt hatte, was diese Worte meiner Meinung nach bedeuten, guckte er noch verständnisloser.
Ich glaube nicht an Kreativität, so inflationär wie dieses Wort benutzt wird, doch ich verstehe kokett, was gemeint ist: Thema verfehlt aber fantasievoll. Stand schon früher häufig unter meinen Aufsätzen. Setzen.
Es ist nicht immer einfach, seinem eigenen Anspruch zu genügen, selbst wenn man die Latte so tief hängt wie ich. Geht fast nur über Selbstverarschung.
Danke übrigens.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Nur einen Klick entfernt sind:
ANGELIKA
Denen, die nach uns kommen
In meiner Einsamkeit
denke ich an den einen, der sich
schon lange entfernt hat von mir und
mich in sein Erinnerungsetui
gesperrt hat, das er sorgsam
im Schatten hält.
Was bleibt?
Ich lese. Lese die Illusionen,
die wir uns machen, lese von Kriegen
und Not, von Lüge und Beschwichtigung,
mit denen sie uns stillhalten.
Ermüdend diese Lektüre.
Ein giftiger Pilz
über allem das ausgesprochene
und unausgesprochene Verbot, Widerspruch
zu denken. Als seien wir Gefolgsleute
ihrer entsetzlichen Vorhaben,
mit denen sie uns zerstören wollen.
Ich trete vor den Spiegel,
und ich sehe eine Verzweifelte.
Mein alter Körper schmerzt,
mehr aber noch das Ahnen dessen,
was nach uns kommt, das wir, die Alten,
nicht verhindert haben.
Angelika
14.10.17
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=5458 - 186
und
JONNY
Im Hotel
Nun sitz ich wieder zwischen engen weißen Wänden,
ein kleiner Tisch mit Stuhl, Schrank, Bett, schummriges Licht.
Die Stille greift nach mir, mit ihren sanften Händen,
doch dass, nach dem ich fassen möchte, gibt es nicht.
Mein Blick nach draußen fällt auf unbekannte Straßen,
ich schließ das Fenster sacht - und mit ihm alle Hast
aus diesem Tag, aus dieser Zeit, durch die wir rasen,
ich dreh mich um und seh: Die Sehnsucht ist mein Gast...
Jonny
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=979
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Wie schön ! Wo steckt Angelika eigentlich? Herzlichen Glückwunsch an euch beide..
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Beides ist Klasse! Was für tolle Zeilen von beiden. Glückwunsch auch von mir!
Sirius
Reset the World!
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Ganz große Klasse, Angelika!
Welch wunderbare Worte hast du hier gefunden...
Lesezeichen!!!
Begeistert
Jonny
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Und wiederum nur einen Klick entfernt teilen sich den nächsten Platz:
SIRIUS
Prinz von Helgoland
Ich bin der Prinz von Helgoland,
so wie es in den Büchern stand.
Ich hab mein weißes Pferd gezäumt
und reit zur Frau, die von mir träumt.
Gar prächtig bin ich anzusehen,
bin größer als ein Meter zehn,
die blonde Haarpracht muss schon sein
und mittig glänzt mein Heilgenschein.
Bin stolz und edel und gescheit
und nun für jeden Liebestanz bereit,
wenn ich in ihre Augen blicke,
und sie von Herzen gerne..äh.. erquicke.
Sie ruft: Mein Prinz! Geliebter, du!“
Und wirft mit Lust mir ihre Lippen zu.
Sogleich ich nach dem Kuss verlosch
und quakend hüpfte - jetzt als Frosch!
Sirius (Ex-Prinz)
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=4777
und
JONNY
Eis
Weit weg vom Meer, hör ich noch immer dieses sanfte schlagen,
ertrink in seinem tiefen Klang, mal wild, mal seicht.
Wenn sacht die Wellen deine Worte an mein Ufer tragen,
weiß ich, dass Sehnsucht wirklich in den Himmel reicht.
Weit weg von dir, spür ich noch immer deine liebe Nähe,
hab sie nach all den vielen Jahren nun verlorn.
Selbst, wenn ich wieder voller Hoffnung in die Zukunft sähe,
das Eis auf unsrem Meer ist viel zu fest gefrorn...
Jonny
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=486 - 186
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Sieh an, das hab ich also auch geschrieben: Ein Scherzgedicht. Ich erinnere mich kaum.
Und Jonny, so wunderbar sehnsüchtig wieder, mit seinen unerschöpflichen anrührenden Zeilen.
Wie gegensätzlich, wie schön, dass viele alles lesen.
Glückwunsch dir, Jonny!
Sirius
Reset the World!
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Wie witzig und klug der Prinz von Helgoland! Wieso Scherzgedicht? Ich quake auch oft den Frauen hinterher...
LG, SUUUPER Gedicht, Sirius!
Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
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Ja, Sirius - das ist eben toll hier.
Es gibt so unterschiedliche Schreiben - aber sie haben alle etwas gemeinsam.
Sie gefallen uns!
Glückwunsch auch an dich!
Jonny
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Die Liebe, ein unerschöpfliches Thema, welches
SIRIUS
den nächsten Klickparadenplatz beschert:
Manchmal denk ich mir Liebe aus
Ich denk mir einen Garten aus.
Du tanzt darin in einem Sommerkleid,
sprichst mit dem Wind
und mit Schmetterlingen.
Der Saum des Kleides rauscht an meinem
Gesicht vorbei,
du greifst dir die Sonne
und schreist zum Mond:
Ich hab dich lieb.
Ich denke mir ein Zimmer aus.
Du liegst auf dem Bett
und trägst nur Sehnsucht auf der Haut,
und leise liest du mir aus
Peterchens Mondfahrt vor.
Dann löschen wir das Licht,
aber wir schlafen nicht.
Ich streichle noch das Mondlicht
auf deiner Haut.
Manchmal denk ich mir Liebe aus.
Sirius
//tacheles.forumprofi.de/topic.php?topic=5915
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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