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RE: Einige Tage später

#1 von Karl Ludwig , 18.01.2016 08:13

Das Wetter wird gerade erfunden und lustlose Blitze lümmeln sich am Horizont herum. Sie warten auf die dazugehörigen Wolken um dann so richtig zur Sache zu kommen. Hier aber, vor dem Ausgang Eden, haben sich einige Engel in Glorie nebst UV-Stralung versammelt und winken dem Paar hinterher. Etliche Tiere nutzen die offene Pforte zur Flucht, was sie später noch bitter bereuen werden. Eine Schlange zischelt leise und verschwindet hinter der nächsten Ecke. Ihr Fehlen wird nur von Seiner Unerfindlichkeit persönlich registriert. Einen Fingerschnipps später kann man ein leises Plops vernehmen und ...

(...)

„Sag mal,“ der eine Engel stößt seinem Nebenmann, äh, seiner Nebenfrau, äh, das NebenIhmWasAuchImmer in die Seite. „Was ist überhaupt mit Lilith?“

„Psssst! Wenn Seine Unerklärbarkeit die auch rausschmeißt, oh, dann '… werden Wildkatzen auf Schakale treffen, ein ziegenbehaarter Dämon wird seine Gefährten rufen und dort wird auch die Lilit verweilen und ihre Behausung finden.‘ So!“

„Hört sich ja schrecklich an.“

„Es kommt noch schlimmer. Später werden sich Frauenkaffees und -buchhandlungen nach ihr benennen. Sie wird einige Zeit lang als weiblicher Vorname beliebt sein, UND man/frau wird in ihr die Gegenheldin zu der biblischen Eva sehen, die in der patriarchalen Tradition steht.“

„Wie? Gegenbild zu unserer Eva?“

„Ja. Unserer armen Eva. Und dann werden in der Psychologie sich hier zwei scheinbar gegensätzliche Eigenschaften der Frauen ... äh ... gegenüber stehen – Sinnlichkeit, Leidenschaft, Sexualität (Lilith) und Mütterlichkeit, Bescheidenheit, Folgsamkeit (Eva).“

„Da soll doch ...“

„... hat er schon.“

„Hm...“

„Da muss ich dir Recht geben.“

„Und wo ist diese Lilith nun?“

Wie aufs Stichwort tritt daraufhin eine seeehr sinnlich gebaute Frau hinter der Ecke hervor. (Nun, wird der aufmerksame Leser anmerken: Das hatte mich oben schon mal irritiert. Wo, bitteschön, kommt denn die Ecke her? Antwort: Natürlich versteckte die sich auch hinter der Ecke. Alles klar?)

Ohne die Gesellschaft weiter zu beachten, rauscht die Frau an den Engeln vorbei, dem Paar und den entflohenen Tieren hinterher. Kleidung für die Schicklichkeit war zwar schon entdeckt worden, hat sich aber noch nicht ganz durchgesetzt. Sie rauscht dennoch wie in gestärktem Reifenrock: Hinter ihr bleiben einige Berauschte zurück.

Engel haben kein Geschlecht. Bei diesem Anblick allerdings wünschen sich viele eines.

Und so kam das Fremdgehen auf die Welt.


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RE: Einige Tage später

#2 von Sirius , 18.01.2016 11:53

Lieber klsa,

das ist doch eine ganz hervorragende Satire, warum hast du sie denn unter "Gedichte" eingestellt?
Mir war die Lilith schon immer sympathischer, aber irgendwie hat sie sich in biblischen Kreisen nicht durchsetzen können. Dabei wird doch das Fremdgehen bin in die höchsten vatikanischen Kreisen geschätzt.
Ich habe mich sehr amüsiert, danke dafür.

Sirius


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RE: Einige Tage später

#3 von BABS the SPECIAL ONE , 18.01.2016 12:58

Ein Wahnsinnsteil!!!!!!!!
Seine Unerfindlichkeit, einfach genial!!!!!!

Wenn solche Werke der absoluten Spitzenklasse hier weiter veröffentlicht werden, ist es mir um TACHELES nicht bange.

Chapeau
Babs


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RE: Einige Tage später

#4 von Karl Ludwig , 19.01.2016 08:11

Liebe Kritiker,

erst einmal vielen Dank für das positive Feedback in der einzigen Münze, die einen wahren Künstler zu interessieren hat: Beifall. (Obwohl, Erstens ist mir Bargeld lieber, und Zweitens bin ich gar kein Künstler, sondern höchstens ein begabter Amateur - Koketterie ist mir also völlig wesensfremd.)

Die falsche Ablage erklärt sich über meine Dummheit. Für mich ist Prosa allgemein Geschriebenes, Lyrik sind Gedichte und/oder auch völlig Ungereimtes. Also ging ich nach Lyrische Prosa Texte zwischen Erzählung & Verdichtung und dachte 'Aha!' ohne zu bemerken, dass es sich um ein Unterforum handelt. Mein Vorschlag an den Admin wäre, den Text einfach um zu schaufeln – oh, hat er schon. Gut. In Zukunft achte ich ein wenig genauer auf darauf.

Der Text selber war eine Art Trotzreaktion. Mir reichen die Nachrichten und auch eine gelegentliche Bezugnahme zur Tagespolitik. Wenn, wie z.Z. in anderen Foren, die Literatur deswegen zu kurz kommt, denke ich: Bei den Nachrichten lese ich extra keine Kommentare, um die Hasswolke über Deutschland nicht versehentlich einzuatmen, aber hier? Ich denke auch: Ist es nicht das Bestreben eines Literaturforums etwas Überflüssiges, nicht Ertragsorientiertes, Schönes neben dem unübersehbar Hässlichen zu erstellen? Aber das ist wohl ein uralter Streit in der Kunst.

Die Geschichte selber hin zu schreiben dauerte nur eine Stunde. Mindestens 5 Stunden allerdings habe ich an den Fehlern gearbeitet … äh, nicht an den Fehlern sondern an ihrer Beseitigung. Und es bleiben bestimmt noch genügend übrig.


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