Zinzi Clemmons: Trauer schreibt man ohne Kitsch
Die Mutter stirbt an Krebs, die Tochter wird von ihrem Verlust fortgerissen. Zinzi Clemmons erzählt schnörkellos und fragmentarisch von den Dingen, die uns ausmachen.
Aish‘ sagte meine Mutter zu ihrem Trifle, ,am schlimmsten ist es, wenn ich aufwache und denke, du musst Mama anrufen und dich mal wieder melden‘.“ In diesem Moment auf der Familienweihnachtsfeier in Johannesburg begreift Thandi plötzlich, „was einem Menschen das Herz brechen konnte“.
Jetzt ist sie es, die nicht mehr anrufen kann. Ihre Mutter ist tot; der Krebs hatte aus der liebevollen, barschen Frau mit Kleidergröße 42 eine bettlägrige, dämmernde Person gemacht, die sie gegen Ende ihres Lebens mühelos in den Rollstuhl heben konnte.
Vor ihrem Verschwinden hat ihre Mutter im Delirium einen Wunsch: Sie will nach Hause zu ihrer Familie, nach Südafrika. An diesem Punkt bricht in Thandi etwas zusammen. Nicht nur, weil es zu spät ist für einen Transatlantikflug. Sondern auch, weil sie selbst diesen Wunsch nie haben wird. Sie, die sich als Heimatlose zwischen allen Welten fühlt.
Zinzi Clemmons mutet ihrem Leser mit „Was verloren geht“ viel zu: Ihre Protagonistin Thandi, deren Leben wir aus der Ich-Perspektive geschildert bekommen, ist eine Waise im doppelten Sinn. „Du bist keine echte Schwarze“, erklären ihr die Mitschüler im noblen Vorort von Philadelphia, wo sie als Tochter einer Südafrikanerin und eines Afroamerikaners mit ihrer karamellfarbenen Haut und den krausen Haaren heraussticht. Auf Sommerurlaub in Südafrika überkommt sie ein Grauen vor der spaltenden Brutalität, die nach Ende der Apartheid unter der Haut der Gesellschaft brodelt. In den USA ist sie für die Klassenkameraden das dunkle Quotenbaby, das auf die Ivy-League-Uni darf. Zwischen den Gesellschaften stehend, wird ihre Mutter für sie zum Anker.
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