„EINE FRAU IN BERLIN“
Die wahre Geschichte der Anonyma
Am 20. März 1960 schrieb Kurt W. Marek, unter dem Pseudonym C. W. Ceram Autor des Sachbuchbestsellers „Götter, Gräber und Gelehrte“, einen Brief mit literarischen Ratschlägen an seine Freundin Marta Hillers. Marek lebte im Bundesstaat New York, Hillers mit ihrem Schweizer Ehemann, einem Goldschmied, in Basel. 1954 war auf Vermittlung Mareks und mit einem Vorwort aus seiner Feder in den Vereinigten Staaten das Buch „A Woman in Berlin“ erschienen, ein Erlebnisbericht in Tagebuchform über die Wochen um den 8. Mai 1945.
Außerhalb Deutschlands wurde das Buch ein Bestseller. Von der deutschen Erstausgabe, die in einem kleinen Genfer Verlag ohne Mareks Vorwort herauskam, wurden im Erscheinungsjahr 1959 nur 735 Exemplare verkauft. Die Tantiemen für die Autorschaft flossen an Marta Hillers, bei den ausländischen Ausgaben abzüglich eines Anteils von zehn Prozent für Marek. Im Buch blieb die Autorin namenlos, englisch „Anonymous“ , deutsch „Anonyma“.
1960 trug sich Hillers mit neuen literarischen Plänen. Marek forderte sie auf, sich von den Kritiken der deutschen Ausgabe nicht irritieren zu lassen. „Ein gutes Buch braucht schlechte Kritiken. Ein schlechtes Buch kriegt nicht einmal schlechte Kritiken.“ Paradoxerweise sah der Profi Marek ein Handicap darin, dass ihr das Schreiben „zu leicht“ falle. „Du bist immer an der Grenze der Schnoddrigkeit.“ Aber in der modernen Literatur gab es Beispiele für die Nobilitierung der Vulgarität im Dienst der „schonungslosen Beschreibung“. Marek griff so hoch wie möglich. „Lies noch einmal Stücke aus dem Ulysses von Joyce. Dort kannst Du ahnen, wie weit Du gehen kannst.“
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