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Anna Kim: „Geschichte eines Kindes“

#1 von Sirius , 25.08.2022 16:23

Anna Kim: „Geschichte eines Kindes“

Anna Kim steht mit der „Geschichte eines Kindes“ auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis – sie erzählt von einem erschütternden Rassismus-Fall in den USA der 50er Jahre und denkt über Herkunfts- und Identitätsfragen nach.

Viel Schnee liegt in Wisconsin, als sich Franziska in Green Bay einzuleben beginnt. Die Schriftstellerin – kurz Fran genannt – will in der amerikanischen Provinz ein Sommersemester als Writer in Residence verbringen. Doch jetzt hat das Jahr gerade erst begonnen, und die Schneeflocken fallen dicht. Das Weiß bedeckt sogar einen Irrgarten aus Hecken, der sich gleich neben dem Haus befindet, in dem Franziska unterkommt. Wer sich in dieses Labyrinth begibt, das wird mehr und mehr deutlich, stößt auf Rassismus, bürokratische Impertinenz und auf Mütter, „die lieber keine gewesen wären“.

Dieser eigentümliche Dreiklang ist bestimmend in Anna Kims Roman „Geschichte eines Kindes“. Das Kind heißt Daniel Truttman, wurde am 13. Juli 1953 im Krankenhaus St. Mary geboren und von seiner unverheirateten Mutter Carol umgehend zur Adoption freigegeben. Wie es dazu kam? Das erfahren wir zum einen aus der Schilderung der Ich-Erzählerin Franziska, zum anderen aus einer Akte des Sozialdienstes der Erzdiözese Green Bay.
Im Maschinenraum der Bürokratie, die wegen der Adaption ins Rollen gerät, spielt Marlene Winckler eine treibende Rolle. Die Österreicherin vom Sozialdienst, die eine Vergangenheit als Anthropologin in der NS-Zeit hat, ist hartnäckig bemüht, den Vater des Kindes ausfindig zu machen. Denn es besteht der „Verdacht“, dass es sich nicht um einen Weißen handelt, im weißer-als-weißen Wisconsin der 1950er Jahre ein Problem: Wer ein Kind adoptiere, heißt es, wolle nun mal wissen, von welcher Rasse es sei.
Immer wieder wird der Säugling penibel untersucht. Rassistisches Vokabular findet dabei mit dem Hinweis auf die historischen Umstände Verwendung. Anna Kim erklärt im Vorwort, dass sie „die Vergangenheit unverändert, unbeschönigt dargestellt habe, gerade, was ihren Wortschatz betrifft“. Dies ist umso leichter nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, dass es sich um eine Geschichte handelt, die „auf einer wahren Begebenheit“ beruht.

Weiterlesen:

https://www.fr.de/kultur/literatur/anna-...l-91744247.html


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