Die wahre Humanität heißt: Krieg
Gestern gab es noch sehr viele Friedensfreunde. Heute setzen viele dieser Freunde mit großer moralischer Inbrunst auf Panzer und Granaten. Ein Albtraum.
Plötzlich bin ich aufgewacht, nein, ich bin nicht so richtig aufgewacht, ich bin eher geschüttelt und gerüttelt worden von einem Nachtmahr, was für ein altes Wort, aber mit was er mich quälte: so modern, so aktuell.
Im Kopf ging es holterdipolter zu, drunter und drüber, aber die Gedanken waren sehr klar, es ging um diesen Krieg in der Ukraine, auch um Annalena Baerbock, die Außenministerin und ihre Worte: „Russland ruinieren“, also langer Krieg, Eskalation, Unheilvolles.
Kann aus solchen Sätzen Gutes folgen?
Im Ohr auf einmal auch eine Rede der Verteidigungsministerin, ich höre und ich sehe sie vor mir: freundlich, alltäglich, lächelnd, allerdings harter Mund, nur ein Strich, und da kommen Worte, die klingen wie von Kaiser Wilhelm II.: Wir beten für die Macht der Geschütze.
Du spinnst, denke ich noch, aber der Nachtmahr geht weiter: Da ist so viel verrutscht in Deutschland und der Welt, das übersehene Morden im Jemen, das stille Sterben in Syrien, der laute Krieg nun am Rande Europas, an den einen denkt man viel, an die anderen nicht.
Wird in ein paar Jahren ein neuer George Grosz den Horror wieder einfangen, ein Böll, ein Borchert verzweifeltverzweifelnd das unsägliche Leiden aufschreiben, wieder einmal? Wenn es zu spät ist, wieder einmal?
Schon irre, quält mich dieser Nachtmahr, wegen Grenzen, die künstlich gezogen worden sind, gehen nun Hunderttausende von Menschen drauf; Grenzen, die in ihrer Geschichte alle paar Jahrzehnte verschoben worden sind; nun, wie 1914/7, auch wieder so ein Gemetzel, liegen wieder Menschen im Schlamm und Dreck und Matsch und Eis, Gewehr im Anschlag, Kanonen hochgerichtet, wie 1942/3 – und schießen, morden, verstümmeln Menschen, und die russische Kirche segnet die Bomben, und die ukrainische Kirche segnet die Granaten, beide Seite kämpfen mit Gott auf ihrer Seite, und „stell dir vor, es gäbe keine Länder/es ist nicht schwer, das zu tun./Nichts, wofür es sich lohnt zu töten oder zu sterben/und auch keine Religion./Stell dir vor, alle Menschen/leben ihr Leben in Frieden.
Aber manche füllen sich die Taschen mit Euros und Dollars – gewissenlos, wie immer: Deutschland hat trotz Krimbesetzung und Waffenembargo nach 2014 Rüstungsgüter im Wert von 121,8 Millionen Euro nach Russland geliefert – 35 Prozent aller EU-Waffenexporte.
Wer, so martert mich mein Nachtmahr: Wer hat daran verdient? Die Herren des Kriegs? Kleinaktionäre, die treuherzig ihr Geld in irgendwelchen Fonds angelegt haben?
Weiterlesen:
https://overton-magazin.de/kommentar/ges...t-heisst-krieg/
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Ein guter Text. Und ein schreckliches Denken, das WIEDER Einzug gehalten hat in die Köpfe der Menschen, das MAINSTREAM geworden ist. Ehemals GRÜNE Politiker liefern Waffen. Das ist tatsächlich tiefstes 19. Jahrhundert. Krieg als Mittel der Politik. Die allgemeine Reinwaschung des Westens lautet: Putin hat angefangen, die Ukraine veteidigt sich nur selbst. 2014 hätte es noch andere Möglichkeiten gegeben, Putin in die Schranken zu weisen, aber da war man zu träge, die Krim war weit weg und man hatte Angst vor den wirtschaftlichen Konsequenzen, die man jetzt tatsächlich zu tragen hat. Man vergesse auch nicht die vermeidbaren Provokationen des Westens gegenüber Putin: Nato-Osterweiterung, RUSSLAND IST NUR NOCH REGIONALMACHT, das hat Obama gesagt. In einem einzigen Punkt stimme ich Putin zu, diesem kranken Egomanen: Dann, wenn er von der Arroganz des Westens spricht. Dass von beiden Seiten Waffen gesegnet werden und irgendein Gott vor den Karren gespannt wird, beweist, dass der Krieg von beiden Seiten UND VOM WESTEN mythologisiert wird. Mit aufgeklärtem Menschenverstand hat das nichts mehr zu tun. Nein, nicht 19. Jhd., tiefstes Mittelalter.
Jörn
Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)
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