Die Sterbende
Dieser eingefallene Mund,
der Körper da, wie ein Bündel Kleider
auf das Bett geworfen,
ist meine Mutter.
Nur die Hand auf der Decke
folgt der Gewohnheit, zuckt und zuckt
wie sonst bei jeder Aufregung.
Diese bräunliche Hand in all dem Weiß hier..
am Finger glüht der Ring.
Das Gesicht hält Zwiesprache
mit der Wand, ob auch die Tür aufgeht
und Tellerklappern vom Flur hereindringt,
erst wenn ich mein „Sei nur ruhig“
flüstere, kommt ihm etwas wie Lächeln,
die Hand bleibt liegen einen Moment.
Wann habe ich dir was anderes je als
„Sei nur ruhig“ gesagt?
Hier, am Fußende des Bettes,
hinter weißem Gitter warte ich auf mein
Urteil. Breiige Laune, die Ader am Hals
strengt sich an.
Ich kam aus der Schule, hörst du noch,
und musste gleich alles erzählen.
Du, es gab eine Zeit,
da war kein Name heimlich genug für dich.
Dann zählte nur noch der Schmerz,
so tapfer sie auch ihn mit Kaffeeklatsch
hinhielt, immer Dame, die Stoffblume
an der Schulter über der tiefen Narbe,
doch das eine zwischen uns,
wovon wir bei allem Reden schweigen,
der Jammer der Alleingelassenen sah ihr
aus den Augen.
Wacht sie noch einmal auf?
Den Mund erfasst ein Wühlen und
deutlich sagt eine Kinderstimme:
„Ich habe gar keine Vertrauen -“
Ludwig Greve
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