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RE: Mark Twain war aber besser

#1 von Karl Ludwig , 10.02.2016 03:24

Ich bin der Sohn vom Besitzer. Punkt! Nachdem ich diese Tatsache dem Chefredakteur eindringlich klar gemacht hatte, nahm dieser seinen Jahresurlaub und ich an seinem verwaisten Schreibtisch Platz.

Schon die erste Ausgabe von „Wal und Co.“ unter meiner Leitung war in Kürze vergriffen und wir mussten nachdrucken. Das war in der gesamten Firmengeschichte ein absolutes Novum. Nach nur einem Monat verzeichneten wir über 80 % Umsatzsteigerung. Das lag wohl unter anderem an meiner neuen Kolumne: „Tipps vom Profi für Nichtprofis“.

In der vierten Woche kam mein alter Herr in die Redaktion. Er wollte dem ehemaligen Chefredakteur einen Nachruf widmen. Der sei tot am Frühstückstisch aufgefunden worden, mit der letzten Ausgabe von „Wal und Co.“ neben dem kalt gewordenen Kaffe.

„Mal sehen.“ meinte mein Vater. „Was könnte ihn denn zum Herzstillstand bewegt haben. Die Aufmachung ist doch in Ordnung. Headliner, Foto, Fortsetzung auf Seite 5, Werbung … Hm, Werbung für Schrotflinten?“

„Klar. Ich konnte die Waffenindustrie als Anzeigenkunden gewinnen. Wir verkaufen nicht nur über 80 % mehr, wir haben auch eine Anzeigensteigerung von 40 %.“

„Gut gemacht, mein Sohn…, welche Fische jagt man denn mit einer Flinte?“

„Fliegende Fische kann man nicht besser aus den Nestern holen, als mit Schrot.“

„Oh ja. Ich vergaß. Und dein Tipp auf Seite Zwei, Heringsrudel mit Hundemeuten über die Klippen zu jagen?“

„Nun, einige Exemplare brechen sich dabei zwar die Gräten, aber die meisten fallen weich auf die anderen und können dann von kleinen Buben aufgesammelt werden. Stundenlang einen einzelnen Hering jagen, sich gegen den Wind an pirschen und ihn dann mit einem Blattschuss erledigen, mag zwar romantischer sein, aber wer seine Familie ernähren will, sollte schon ganze Rudel ernten.“

„Und hier empfiehlst du jedem Fischer einen Hochsitz zu errichten und auf freies Schussfeld zu achten, wenn seine Plantage erntereif ist? Viele Leute würden beim Sonntagsspaziergang einfach über den Zaun greifen und sich an den Sardinenbüscheln bedienen…“

„Ist Tatsache. Onkel Eduard hatte eine Bananenzucht und kurz vor dem Laichen wurden ihm ganze Schwärme gestohlen.

„Sardinenstauden?“

„Manche Spaziergänger würden sogar über den Stacheldraht klettern und die Flundern ausgraben. Freies Schussfeld ist wichtig, Vater.“

„Mein Sohn. Wir sind kein politisches Magazin, sondern bedienen Fischer und Angler. Einige unserer Stammleser haben mich im Club ausgelacht. Ausgelacht!“

„Ach Vater. Es wird immer Leute geben, die den Fortschritt für eine persönliche Bedrohung halten. Wir müssen neue Leserstämme aus dem Lektürendschungel locken. Wo ist denn der struktur- und prinzipielle Unterschied zwischen einem Hai im Winterschlaf und einem Bären in der Mauser? Beide sind essbar und ein Haifell vor dem Kamin macht sich genau so gut wie Stachelbärenkompott in der Blumenvase.“

„Auf Seite 7 lässt du kleine Jungen auf Austerbänke klettern und die Muschelbäume von Hand abpflücken.“

„Ja, ich bin überzeugt, dass der Volkswirtschaft jährlich Verluste in Milliardenhöhe entstehen, nur weil durch Schütteln der Bäume Tonnen von Muscheln zerquetscht und ungenießbar werden…“

„Ach, mein Sohn, wenn sich die Volkswirtschaft schüttelt entstehen stets Millionen Verluste in Milliardenhöhe. Und warum soll man beim Wale Fällen auf die Windrichtung achten?“

„Man schneidet den Wal mit einer Kettensäge oberhalb der Schwanzflosse keilförmig ein und fällt ihn dann von der anderen Seite. Wenn da der Wind nicht aus der richtigen Richtung weht, haut's einem den ganzen Wal auf den Kopf.“

„Nun, ich habe die Gunst der Stunde genutzt und den Verlag an die Börse gebracht. Hier hast du eine Prämie. 20 Aktien. Weiter machen.“

An der Tür dreht sich mein Vater noch einmal um: „Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, etwas Wichtiges zu übersehen. Bist du sicher, dass gepresste Tintenfische eine gute Marmelade abgeben?“

„Ist eine in Vergessenheit geratene Methode. Wie auch das Räuchern von Quallen für den Wintervorrat.“


Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!

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RE: Mark Twain war aber besser

#2 von Sirius , 10.02.2016 20:14

Ich denke, ich werde den "Blinker" sofort abbestellen und "Wal und Co" abbonnieren!
Köstlich!

Sirius


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RE: Mark Twain war aber besser

#3 von scrabblix , 10.02.2016 20:52

Irgendwo bin ich jetzt froh, weder Angler noch Fischer zu sein.


Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.

 
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