Nina Bußmann erzählt in „Dickicht“ über Alltag und Alkohol
Der Titel führt den Leser in den Wald. Das Dickicht, nach dem Nina Bußmann ihren dritten Roman benannt hat, finden wir normalerweise im Unterholz. Dass der Titel dennoch passt, erschließt sich, wenn die Autorin ihre Leser immer tiefer in das zuweilen recht düstere Seelengestrüpp ihrer Figuren in der schwer durchschaubaren Struktur der Großstadt führt.
Max macht den Eindruck, als sei sein Leben geregelt. Er arbeitet im Kindergarten, er kommt als erster und geht als letzter. Allerdings ist er nur Praktikant. Er kümmert sich intensiv um das Mädchen, vor dem die Erzieherinnen gewarnt haben. Die Autorin führt dieses Kind nicht grundlos ein. Seine Schwester, genauso alt wie er, benimmt sich, als wäre sie nie erwachsen geworden. „Erzählen, um etwas anderes nicht zu erzählen. Kein Vorgehen, das er Edna zugetraut hätte.“
Katja hat im Hotel gearbeitet, sie putzte zu gründlich und für die Gäste sichtbar. Oder gab es andere Gründe, weshalb sie ihre Arbeit verloren hat? Katja hat Ideen, wie sie noch einmal richtig Geld verdienen kann. Sie möchte eine Aufräummethode entwickeln für Menschen, die bei ihrem Tod nicht so viel hinterlassen wollen. Aufräumen ist ein Modethema nach Feng Shui und den Ordnungsvideos von Marie Kondo. Nina Bußmann setzt ihre Figuren in eine Gegenwart, in der sie wissen, dass sie sich um sich selber kümmern müssen. Die Eltern taugen nicht mehr als Ratgeber.
Mit ihrem Freund lebt Katja zusammen wie ein Ehepaar. Als er wegfährt, beauftragt er sie nur, sein großes Stück Fleisch im Kühlschrank zu bewachen. Dass Katja wenige Tage nach seiner Wiederkehr in der eben noch gemeinsamen Wohnung eine Putzfirma bei der Arbeit antrifft, zeigt, wie hart die Autorin die Verhältnisse kippen lässt.
Lag es an Ruth? Bei dieser Figur geht die Autorin von „Dickicht“ anders vor. Ruths Herausgefallensein aus dem sozialen Gefüge zieht sich durch den Roman. Mit ihr kommt keiner so recht klar, auch Max nicht. Doch zieht sie alle an. Wer ihr helfen will, fühlt sich schnell schuldig, obwohl Ruth die Ursachen bei sich suchen müsste, vor allem ihrem Alkoholkonsum. „Alle lieben den Rausch, niemand hat bisher mit Bestimmtheit sagen können, warum manche sich im Griff behalten und andere nicht.“
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