IRIS HANIKA: „ECHOS KAMMERN“
Wenn Städte rufen: Nicht für dich!
Iris Hanika interessiert sich in ihrem virtuosen Roman „Echos Kammern“ auch für die Gentrifizierung in New York und Berlin.
Sophonisbe ist eine wirtschaftlich mäßig erfolgreiche Schriftstellerin mittleren Alters. Sie führt ein bescheidenes Leben dank Stipendien und den Erträgen aus Aktien, die sie zur Zeit des Börsenbooms von dem Geld aus den vielen Preisen gekauft hatte, mit denen sie als junge, vielversprechende Dichterin überhäuft worden war. Da sie das „durch und durch hysterische Wesen des Finanzmarktes“ durchschaute, hat sie ihre aufgeblasenen Aktien rechtzeitig verkauft und den Ertrag in solide Titel gesteckt.
Dass die zentralen Figuren in „Echos Kammern“, dem neuen Roman der Berliner Schriftstellerin Iris Hanika, Jahrgang 1962, aus dem Rahmen fallende, auf die Antike zurückgehende Namen tragen, ist natürlich kein Zufall. „Aktualität“, heißt es an einer Stelle, „ist nicht unser Genre.“ Mit blankem Realismus hat Hanikas Erzählen nichts zu tun, mit der Gegenwart beschäftigt sie sich schillernd spielerisch. Die Geschichte schwingt auf Schritt und Tritt mit.
Ein zentrales Motiv, ohne dass sich der Roman darauf reduzieren ließe, ist die Veränderung der Metropolstädte in der westlichen Welt. Der erste von zwei Teilen spielt in New York. Dort findet Sophonisbe einen „Hardcore-Kapitalismus“ vor und ist nach eigenen Worten angewidert von der „Verwüstung, welche das Geld geschaffen hat, in dem es ist gerollt wie eine Dampfwalze“ durch den zum Trendviertel mutierten Stadtteil Soho, der „Auslöschung von alles, welches ist der Grund, warum man sich wohlfühlt an einem Ort“. Denn neben der allwissenden Erzählerin gibt es Fragmente aus Sophonisbes New-York-Buch, die in einem pointierten deutschen Kauderwelsch abgefasst sind, das ihrem eigenen nicht akzentfreien Englisch entsprechen soll. Dazu kommen scheindokumentarische Passagen einer Kommunikation per Mail. „Priced out“ – hinausgepreist – heißt es in New York, wenn Menschen aus einer Stadt oder einem Stadtteil gedrängt werden, weil die Mieten für sie zu mächtig gestiegen sind. Zugleich ist New York ein Modell für die Struktur der Substrukturen – spanische, chinesische und russische Communitys – in den westlichen Metropolstädten.
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https://www.fr.de/kultur/literatur/iris-...h-90057532.html
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