Nice sein reicht nicht aus
Abhängig oder einsam: Sally Rooney erkundet das Seelenleben liebender Millennials
Mit 21 sollte man „verheerend unglücklich sein“, spottet die Journalistin Melissa über Frances. Das ist nicht nett gemeint. Aber da ist auch schon ein vierköpfiges Durcheinander aus der Ausgangssituation von Sally Rooneys Romanerstling Gespräche mit Freunden erwachsen.
Die sah so aus: Melissa soll ein Porträt über Frances, die Ich-Erzählerin, und deren beste Freundin Bobbi schreiben. Beide sind in der Dubliner Spoken-Word-Szene aktiv. Sie lädt die Studentinnen, die früher ein Paar waren, zu sich nach Hause ein, wo sich Melissas Mann, der Schauspieler Nick, hinzugesellt. Die vier verstehen sich. Zum Unglück aller aber unterschiedlich gut. Frances und Nick beginnen eine Affäre.
Von Bobbi bekommt Frances prompt zu hören, sie habe sich in einen Mann verknallt, der „wahrscheinlich total unironisch artikel liest zum thema ‚mit diesem ungewöhnlichen trick zu den perfekten bauchmuskeln“. Ein übler Typ ist Nick zwar nicht. Aber ein elf Jahre älterer, verheirateter. Einer, der mehr soziale Macht besitzt, es weiß und fürchtet.
Rooney beschreibt die Generation derer, die im dritten Lebensjahrzehnt stecken und vielleicht gerade erst bemerken, dass sie als Generation eine eigene Art des Erlebens haben. Es wird viel getextet – nicht im poetischen Sinn, sondern per Messenger und E-Mail. Mal wird sich zum Filmgucken verabredet, mal absatzlos das Herz ausgeschüttet. In Kleinbuchstaben. Das ist Teil eines Realismus, der nicht demonstrativ jugendlich oder gekünstelt wirkt, auch wenn der Slogan von Rooneys britischem Verlag, „Salinger für die Snapchat-Generation“, das sehr befürchten ließe.
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