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72 Kölner Miefe

#1 von Sirius , 15.10.2020 17:36

72 Kölner Miefe

Marcel Beyer schickt in seinem abgründigen und gewitzten Gedichtband den „Dämonenräumdienst“ auf den Weg.
Solange man von Dämonen heimgesucht wird, ist ihre Anwesenheit kein Vergnügen. Aber sobald sie aus der Distanz betrachtet werden können, sieht die Sache anders aus. Diese Erfahrung bestätigt Marcel Beyer in seinem Gedichtband „Dämonenräumdienst“ nachdrücklich. Denn was hier erspäht und aufgespießt wird, ist abgründig, gewitzt und unterhaltsam. Um bei den Dämonen zu bleiben: unheimlich gut.
Beyer unternimmt in diesen Gedichten einen Ritt durch Zeiten und Räume. Seine Ausflüge in die meist jüngere Kulturgeschichte führen zu Elvis, Moshammer und Pferdekrimis: „Ich lernte, noch in der friedlichsten / Idylle lebt ein Homöopath – ein / Homöopath, dem alles zuzutrauen ist.“ Manchmal scheint es, als triebe die populistische Gegenwart durch die Verse, wenn es um den „Bürgerkrieg in diesem Gesicht“ geht. Dann wiederum meint man, dass mancher Vers für einen Refrain in einem Edel-Popsong taugte: „Schlaf ein, bleib wach, ruh aus.“ Der Sound kommt an.

Vor allem aber geht es in diesem Band um die Dämonen beim Schreiben: „Ich zerstöre / noch ein Gedicht und mache / für heute Feierabend. Bis dann.“ Das rührt wohl daher, dass man jedes Wort auf die Goldwaage legt: „ich schreibe, ich schleife, ich / streife die Sprache“. Ja, die Sprache ist es, die alles zusammenhält. Mit ihrer „Tintenstimme“ gibt sie den Ton an. Da ist es womöglich ein Glück, wenn man sich eine Hütte „aus verramschten Rechtschreibduden“ gezimmert hat.
Immerzu ist der Autor beziehungsweise das lyrische Ich auf der Jagd nach starken Vokabeln, nach Grützensauerstoff und Möhrenmampf, Baggerblut und Herzkammerbowle, Gummiwasser und Waschbärenpolka. Er/es wirft die Wörter in die Luft und schaut, so scheint es, welche am hellsten funkeln: Steinhirsche und Scheinhirsche, Glutnischen und Wutnischen. Bei alledem wechselt Beyer Tempi und Tonlagen, geht die dämonische Sache mal melancholisch und mal satirisch an.

Weiterlesen:

https://www.fr.de/kultur/literatur/marce...e-90069731.html


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Sirius
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