Hilary Mantel: Sprechen lernen
Hilary Mantels Band „Sprechen lernen“ erscheint postum erstmals auf Deutsch und führt zurück in eine schwierige Kindheit.
In diesem Herbst jährt sich der Tod der britischen Autorin Hilary Mantel zum ersten Mal. Für den Kölner DuMont-Buchverlag ein Anlass für die Herausgabe eines 20 Jahre alten Erzählbandes, den es bis dato allein in der englischen Originalfassung gab. „Sprechen lernen“ (Originaltitel „Learning to talk“) enthält sechs Geschichten, in denen Hilary Mantel von ihrer Kindheit und Jugend im Norden Englands erzählt: von dem Mief der Armut und dem Gewisper böswilliger Nachbarinnen. Von der Macht der Kirche in den 1950er und 1960er Jahren. Von dem Familienhund Victor, der heimlich eingeschläfert wird, oder von Tabby, mit der sich die Ich-Erzählerin während eines Familienausflugs auf einem Autofriedhof verirrt.
Sie wolle diese Geschichten allerdings nicht autobiografisch, sondern „autoskopisch“ nennen, schreibt Hilary Mantel im Vorwort: „Aus einer entfernten, erhöhten Perspektive blickt mein schreibendes Ich auf einen auf seine bloße Hülle reduzierten Körper, der darauf wartet, mit Sätzen gefüllt zu werden. Seine Umrisse nähern sich einem an, aber es gibt einen verhandelbaren Halbschatten.“ So hat die Booker-Prize-Trägerin – diese großartige Autorin von Historienromanen wie „Wölfe“, „Falken“, „Spiegel und Licht“ – die Lebensumstände, unter denen sie aufwuchs, modifiziert und ihnen damit in dem ein oder anderen Punkt ein wenig die Schärfe genommen.
Geboren wurde Hilary Mantel am 6. Juli 1952 in Glossop, Derbyshire, „einer Kleinstadt mit einer Reihe rußgeschwärzter Textilfabriken, deren Straßen von schmalen, kalten Reihenhäusern gesäumt wurden“. Der von Armut gezeichnete Ort, dessen Mauern nass und grau sind von der Feuchtigkeit der umliegenden Moore, bildete bereits die Kulisse zu ihrem 1989 erschienenen Roman „Fludd“ (dt. „Der Hilfsprediger“, 2017). Auch in den nun veröffentlichten Erzählungen bestimmt er das Leben seiner Bewohnerinnen und Bewohner und steht sinnbildlich für die kleinbürgerliche Enge der englischen Provinz jener Jahre. „Wir alle“, schreibt Hilary Mantel, „wurden von Klatsch und Gerede kontrolliert.“
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