Fürchtet Euch nicht?
Die Vorbereitungen auf Corona-Weihnachten: die stille, sehr stille Nacht des Jahres 2020.
So früh Weihnachten war nie. Es sind noch sechs Wochen bis zum ersten Advent und noch neuneinhalb Wochen bis zum Heiligen Abend. Aber Weihnachten ist schon da - in der Politik, in den Betrieben, in den Ordnungsämtern, in den Gesundheitsämtern natürlich auch. Überall geht es um Weihnachten. Weihnachten war diesmal schon da, als die Lebkuchen und die Schoko-Nikoläuse, wie immer sehr früh, in die Regale der Supermärkte geräumt wurden.
Die große Vorfurcht
Es ist nicht die große Vorfreude, die Weihnachten schon im Oktober zum Thema macht - es ist die große Vorfurcht. Weihnachten wird von Corona zum Hotspot-Fest gemacht und von den Corona-Bekämpfern zum Hotspot-Fest erklärt. Weihnachten ist das Thema in den Corona-Konferenzen bei der Bundeskanzlerin, es ist das Thema in den Corona-Sitzungen der Stadtverwaltungen. Es ist das Thema in den Ordnungsämtern, weil dort die Fragezeichen hinter dem Wort und vor dem Ort "Weihnachtsmarkt" immer größer gemalt werden. Dreitausend Weihnachtsmärkte gibt es in Deutschland; der größte dieser Märkte, der Nürnberger Christkindlesmarkt, zieht jährlich zwei Millionen Besucherinnen und Besucher an. Muss er wie das Oktoberfest in München behandelt werden?
Weihnachten ist das Thema in den Betrieben, weil dort die Weihnachtsfeiern abgesagt werden. Weihnachten ist das Thema bei den christlichen Kirchen, es ist das Thema in den Sitzungen der Pfarrgemeinden. Wo sollen die Gottesdienste in der Christnacht gefeiert werden: in den Gotteshäusern auf Distanz und mit ganz wenigen Leuten? Oder vor dem Kirchengebäude in der Kälte? Oder im Stadtpark, in Scheunen und Lagerhallen, in Turnhallen vielleicht, im Autokino oder am Baggersee? Irgendwie verteilt auf alle möglichen Lokalitäten und Plätze? Wie schafft man Weihnachtsnähe - trotz Abstand?
Wie schauen die Krippenspiele im Corona-Jahr aus: klassisch, mit Herbergssuche? Und mit einem Wirt, der Maria und Josef herrisch abweist und dabei womöglich einen weißblau-rautierten Mund-Nasen-Schutz trägt? Muss man vielleicht sogar in diesem Jahr das weihnachtliche Lukas-Evangelium ein wenig redigieren, damit es nicht Gelächter gibt bei dem Satz "... weil in der Herberge kein Platz für sie war"?
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https://www.sueddeutsche.de/politik/pran...orona-1.5079970
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