Neuer Roman von Alena Schröder
Emotionale Erblast
Vier Frauen aus vier Generationen: Alena Schröders Romandebüt „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“.
SUSANNE GRAUTMANN
Eine Mutter lässt ihre kleine Tochter zurück. Sie verspricht, dass sie wiederkommen und sie holen wird. Aber sie weiß: Das ist gelogen. Mit dem Dasein als Ehefrau und Mutter kann Senta Köhler wenig anfangen. Sie ist Anfang zwanzig und träumt von einem selbstbestimmten Leben. Als die Tochter drei Jahre alt ist, lässt Senta sich scheiden und geht nach Berlin – ihr Kind überlässt sie der Schwägerin in Mecklenburg.
Senta ist die Hauptfigur in Alena Schröders Romandebüt „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“. Schröder, die bisher vor allem erzählende Sachbücher geschrieben hat, erforscht hier die Spuren ihrer Familie. In der Figur von Senta spiegelt sich die Lebensgeschichte ihrer Urgroßmutter.
Senta ist sich bewusst, dass eine Mutter kaum größere Schuld auf sich laden kann, als ihr Kind zu verlassen. Aber sie hat sich für diesen Schritt entschieden und lebt mit den Konsequenzen. Sie schickt dem Kind Briefe und Geld, sieht es jedoch nur selten. Die Begegnungen gehen eigentlich immer schief, es entsteht keine Nähe mehr. Der Bruch in der Beziehung zwischen Mutter und Tochter lässt sich nicht mehr kitten.
Die Art und Weise, wie Senta mit der Trennung von ihrer Tochter Evelyn umgeht, weicht vom konventionellen Muster ab: Anders als die Mehrheit der Frauenfiguren in der Literatur, die sich gegen ein Kind entscheidet, geht Senta weder psychisch noch physisch daran zugrunde.
Sie wird auch nicht als kaltherzige oder emotional deformierte Person gezeichnet, sondern als Frau, für die es keinen anderen Weg gibt. Nüchtern stellt Senta fest: „(...) so bin ich wohl nicht (...). Verantwortungsvoll. Eine gute Mutter. Keine große Neuigkeit."
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/neuer...t/26823970.html
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