Rotziges Romandebüt
Prototyp einer zornigen jungen Frau
Schnoddrige Youngster-Story: In Nora Gantenbrinks autofiktionalem Roman „Dad“ folgt die Ich-Erzählerin den Spuren ihres an Drogen zugrundegegangen Vaters.
GUNDA BARTELS
Marlene hat eigenwillige Vorlieben. Erst einen Opel Ascona, dann einen Manta A. Und den ekeligen Geruch, der an heißen Sommertagen vom Teer der Reeperbahn aufsteigt, „diese Mischung aus vergorenen Caipirinhas, Kotze, Pisse und Rotz“.
Oh ja, Ich-Erzählerin Marlene ist der Prototyp einer zornigen jungen Frau. Derbe Attitüde, empfindsame Seele. Die Enkelin einer Wurstwarendynastie hasst die Kleinstadtenge im Sauerland. Nur Oleg, der polnische Autoschrauber, und Busenfreundin Leonie, mit denen sie nachts gern im Freibad abhängt, versüßen ihr den Provinzblues.
In Hamburg aber, wo sie nach der Schule als Kulturreporterin jobbt und sich mit Gabriela vom Transenstrich anfreundet, atmet sie auf. Wäre da nur nicht die Erinnerung an den gegen die autoritäre Wirtschaftswundergeneration rebellierenden Vater.
Er ließ Marlene und ihre Mutter sitzen und dröhnte sich in Marokko, Indien und Thailand mit Koks zu. Zwölf Jahre nach seinem Aids-Tod folgt Marlene seinen Spuren.
Literarisches Schreiben hat die „Stern“-Reporterin Nora Gantenbrink bereits 2013 im Erzählungsband „Verficktes Herz“ trainiert. Ihr autofiktionales Romandebüt „Dad“ ist eine gut gebaute Entwicklungsgeschichte, die die Gegenwartsebene flüssig mit den Kindheitserinnerungen verschränkt. Der Tonfall ist so schnodderig wie sich das für Youngster-Storys gehört.
Nur übertreibt es Nora Gantenbrink in „Dad“ mit der rustikalen Provinzlerinnen-Pose. So entstehen auf erhöhte Gag-Dichte gebürstete Korken wie die in den Nullerjahren spielende Episode, in der Marlene mit Oleg einen Mettigel formt, den dieser dann im Internet postet.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/rotzi...u/25734970.html
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