Wenn die Gondeln Trauer tragen
Gerhard Roths dritter Venedig-Roman „Es gibt keinen böseren Engel als die Liebe“ punktet vor allem mit Atmosphäre.
Die Erwartungen sind groß: Gerhard Roth schreibt über Venedig, noch dazu mit Spannungselementen. Diese Kombination verspricht ein literarisches Gustostückerl: ein großartiger Schriftsteller und noch dazu profunder Venedig-Kenner, eine der faszinierendsten Städte der Welt und das eine oder andere Geheimnis. Nicht alle diese Erwartungen werden erfüllt: Volle Punktezahl gibt es für Atmosphäre. Dass die Handlung sich dieser unterordnen muss, ist etwas unbefriedigend.
Man wurde allerdings gewarnt. Denn noch bevor Roth sein Publikum auf der ersten Seite ansatzlos in die Handlung hineinstößt, zitiert er Gertrude Stein: „Es gibt keine Antwort. Es wird keine Antwort geben. Es hat nie eine Antwort gegeben. Das ist die Antwort.“ Diesen Leitspruch sollte man in Erinnerung behalten. Liebhaber logischer Geschichten kommen hier nicht auf ihre Kosten.
Die Kunsthistorikerin Lili Kuck reist nach Venedig, um dem mysteriösen Unfalltod ihres Mannes Klemens, eines Comic- und Graphic-Novel-Verfassers auf den Grund zu gehen. Klemens war ihr gegenüber offenbar etwas ökonomisch mit der Wahrheit über seinen Aufenthalt in der Lagunenstadt und tatsächlich seinem leiblichen Vater, dem in Ungnade gefallenen Polizisten Francesco Galli, auf der Spur. Bald muss Lili sich fragen, was Vater und Sohn mit einer Serie von grausamen Polizisten-Morden zu tun haben, die sich plötzlich auch in Lilis Nähe ereignen.
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