Rache am Mann
Megan Hunter lässt in „Harpyie“ Lucy ihren untreuen Gatten bestrafen
Nach über einem Jahr Ausnahmezustand könnte man dazu neigen, zu vergessen, dass Beziehungen und Familienleben auch in normalen Zeiten eine Herausforderung sind. Eine deutliche Erinnerung daran kommt von der britischen Autorin Megan Hunter. Nachdem sie in ihrem gefeierten Debüt Vom Ende an (2017) das Mutterwerden vor dem Hintergrund einer gewaltigen Naturkatastrophe geschildert hat, widmet sich ihr zweiter Roman, Die Harpyie, nun den ganz gewöhnlichen Katastrophen des Ehelebens.
Die Mittdreißigerin Lucy, Homeoffice-Mutter zweier kleiner Söhne, erfährt eines Nachmittags, dass ihr Ehemann, der Uni-Dozent Jake, sie mit seiner zehn Jahre älteren Kollegin Vanessa betrügt. „Es war nur Sex“, sagt der reuige Jake und verspricht die sofortige Beendigung der Affäre. Und das Paar schließt einen Pakt: Lucy darf Jake dreimal in einer Weise ihrer Wahl bestrafen.
Die Archaik dieser Konstellation würde sich womöglich auch ohne mythologischen Überbau erschließen, und doch ist es aufschlussreich, dass Hunter Lucys Rachefantasien mit der antiken Bildwelt der Harpyien verknüpft. Diese Mischwesen aus Frau und Vogel stehen ursprünglich für die Sturmwinde und werden später zu Straf- und Rachedämonen ähnlich den Erinnyen. Lucy begegnet ihnen schon als Kind in einem Bilderbuch, entwickelt eine lebenslange Obsession gegenüber diesen Wesen, die ihre Mutter ihr vor allem als Männerbestraferinnen vorstellt, und beginnt später sogar eine Doktorarbeit über sie (die sie freilich nie abschließt).
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