Brüsseler Hinterzimmer: Wie Big Tech in der EU Politik für sich selber macht
Hinter den Kulissen der EU-Institutionen tobt eine heftige Lobbyschlacht. Um eine weitgehende Regulierung der Geschäftsfelder der großen Digitalkonzerne zu vereiteln, bieten Google, Facebook, Apple und Co. alles auf, was Geld, Macht und Einfluss hergeben. Nach einer Studie der Initiative LobbyControl macht die Branche dafür jährlich fast 100 Millionen Euro locker – mehr als jeder andere Wirtschaftssektor. Die wichtigsten Akteure sind die Tech-Unternehmen selbst, gesponserte Verbände, Denkfabriken und PR-Agenturen. Gemeinsam trällern sie das Lied von einer heilen Welt der Bits und Bytes und bestimmen so das Grundrauschen des politischen und medialen Betriebs. Von Ralf Wurzbacher.
Ende Oktober 2020 sorgt ein vertrauliches Papier des US-Digitalgiganten Google für Aufsehen. Über das von Insidern durchgesteckte 18-seitige Dokument berichtet damals zuerst das französische Nachrichtenmagazin „Le Point“. Die Interna, die unter anderem auch dem „Handelsblatt“ zugespielt werden, bergen reichlich Brisanz: Gerade schickt sich die Europäische Kommission an, den führenden Digitalkonzernen aus dem Silicon Valley im Rahmen zweier Gesetzesinitiativen regulative Zügel in ihrem zügellosen Profit- und Machtstreben anzulegen. Die Pläne dazu sollen einen Monat später, Anfang Dezember, vorgelegt werden.
Aber Google hat längst für den Ernstfall vorgebaut und allerlei Pfeile im Köcher, um, wie es in der fraglichen Präsentation heißt, „übertriebene Beschränkungen unseres Geschäftsmodells“ zu verhindern. In einer Tabelle listen die Urheber im Detail auf, wann und wie welcher politische Entscheidungsträger zu bearbeiten ist – etwa bei einem virtuellen Frühstück mit den stellvertretenden EU-Botschaftern oder einem Stelldichein mit dem zuständigen Referatsleiter im Generalsekretariat der Kommission. Vor allem nimmt man den zuständigen Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Thierry Breton, ins Visier, der die großen Plattformen wie Google, Facebook und Amazon inzwischen für „too big to care“ hält. Der „Widerstand“ gegen den Franzosen müsse erhöht, mithilfe Washingtons und der US-Botschaften solle Stimmung gegen ihn gemacht werden und als Verbündete wären Medien, andere Digitalunternehmen sowie die Wissenschaft zu mobilisieren. Außerdem setzt man darauf, Zwietracht zu sähen zwischen ihm und der Wettbewerbs- und Digitalkommissarin Margrethe Vestager. Der Dänin wollen die Google-Einflüsterer beibiegen, dass Bretons Ambitionen ihre eigenen Handlungsspielraum einengen würde. All diese Maßnahmen dienen dem einen Vorsatz: „die politische Debatte grundlegend zu ändern.“
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