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Angelika Klüssendorf: „Vierunddreißigster September“ 

#1 von Sirius , 20.10.2021 16:58

Angelika Klüssendorf: „Vierunddreißigster September“ 

Angelika Klüssendorfs „Vierunddreißigster September“: Ein Dorfroman mit düsterem Humor.
Sie hätte das Gewehr nehmen können, schreibt Angelika Klüssendorf, „entschied sich aber für die Axt“. Das unerhörte Ereignis, auf dem ihr neuer Roman aufbaut, geschieht bereits auf Seite 18. Hilde lässt am Silvesterabend die Axt auf den Schädel ihres Mannes Walter sausen. Danach geht sie tanzen und verschwindet. Walter aber bleibt im Buch, er bleibt auch in seinem Dorf im deutschen Osten anwesend. Wie in diesem Roman, der mit dem Titel „Vierunddreißigster September“ auf Unwirkliches verweist, sich dennoch die Verhältnisse der Gegenwart spiegeln, das ist schon sehr besonders.

Nicht nur Walter, viele Insassen des Dorf-Friedhofs sind noch wach, zwar für Lebende nicht sichtbar, aber untereinander im Kontakt, auch in der Lage, herumzulaufen und sogar Aktenschränke zu öffnen. Manche tapern schon seit Jahrzehnten herum. Klüssendorf ist da großzügiger als ihr US-amerikanischer Kollege George Saunders, der in seinem Roman „Lincoln im Bardo“ die Toten an nur einem einzigen Tag zwischen Diesseits und Jenseits sprechen ließ.

Walter, eine eigentlich tragische Figur, auf den das Etikett Wende-Verlierer passte und in dessen Wesen Enttäuschung brodelte, hat als freundlicher Toter seine letzte Gestalt erhalten. Denn die Autorin bietet zwei Möglichkeiten an, warum Hilde ihn getötet hat: Mitleid oder Enttäuschung. An seinem Hirntumor wäre er ohnehin und vermutlich qualvoll gestorben. Durch den Tumor aber ist er so nett geworden, dass er nicht mehr zu sich selber passte. Ramponiert am Kopf, aber zugewandt, begegnet er seinen Mit-Toten. Seine Schwiegermutter mit dem sprechenden Namen Gerda Engel weist ihm die Rolle des Chronisten zu. Die Autorin blickt im Roman meistens durch seine Augen, setzt noch andere Stimmen dazwischen, auch die der abwesenden Hilde.

In der Trilogie „Das Mädchen“, „April“ und „Jahre später“, 2011 bis 2018 erschienen, erzählte Angelika Klüssendorf von der Rettung eines Mädchens aus dem Kinderheim und einer jungen Frau aus politischen Zwängen durch Literatur. Parallelen zum Leben der 1958 geborenen, in Leipzig aufgewachsenen und 1985 in den Westen ausgereisten Autorin ließen sich erkennen.

Weiterlesen:

https://www.fr.de/kultur/literatur/angel...r-91059659.html


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Sirius
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