Alles Event, alles egal
Marius Goldhorn wollte keinen Poproman schreiben, doch er fängt den Zeitgeist fulminant ein
Arnold ist alles gleich egal. Oder: Ihm ist alles gleich wichtig. Je nach Lesart. Terroranschläge, Kiffen, Casual Sex, irgendein Ausschlag auf dem Körper, Partys, Demonstrationen, ein Stromausfall in der ganzen Stadt. Ein Artischockenfestival! Arnold, der Hauptprotagonist aus Marius Goldhorns großartigem Debütroman Park ist Mitte 20 und sein Leben ist eher ein passives Existieren als ein aktives Gestalten des Selbst und der Umgebung.
Arnold klickt und scrollt und wischt sich durchs Internet und durch den Alltag, landet irgendwann bei den absurdesten Themen und vergisst alles recht schnell wieder. Die Gewichtung der Themen spielt längst keine Rolle mehr. Arnold ist emotional abgestumpft, so scheint es. Er konsumiert Informationen wie Fast Food und scheidet einige in albtraumhafter Form komprimiert nachts wieder aus. Er träumt vom Kontakt mit Aliens, und ob das alles wirklich nur ein Traum war, wird im Verlauf des Texts immer unklarer. So wie auch Arnold immer schwerer zu greifen ist.
Marius Goldhorn beschreibt einen jungen Mann, dem es weitestgehend gleichgültig zu sein scheint, wo er ist, was er macht und mit wem er was macht. Arnolds soziale Beziehungen wirken wie eine Karikatur dessen, was Freundschaft sein kann, autistisch. Miteinander Gespräche führen, die nichts aussagen. Miteinander auf eine Party gehen, die egal ist. Ende.
Er schwirrt depressiv durch die Tage und verdrängt fast alles. Er ist die personifizierte Dissoziation. Nur mit Odile hat er eine gute Zeit. Sie führen eine Art von Beziehung, wie man sie heutzutage als junger Mensch in Großstädten gerne führt, wenn klar ist, dass die Großstadt nur eine Zwischenstation ist. Vielleicht ist Arnold verliebt. Beide verbringen viel Zeit miteinander. Es scheint einer der wenigen Momente zu sein, in dem Arnold sich spürt. Irgendwann zieht Odile nach London und die beiden haben kaum noch Kontakt. Zum Glück ist Park kein langweiliger Poproman, der auf Krampf irgendeine Generation abbilden will. Park erzählt von Einsamkeit und die Analyse zu aktuellen Fragen denkt man als Leser*in automatisch mit, weil der Protagonist sie mit seinem Handeln triggert. Denn auch die Orte, die Arnold bereist, Paris und Athen, konsumiert er ähnlich passiv weg wie Informationen aus dem Internet.
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