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Sascha Macht: "Spyderling"

#1 von Sirius , 27.04.2022 15:57

Sascha Macht: "Spyderling"

Im Wald verlaufen
Wahrheit oder Fälschung, böses Spiel oder lustiger Ernst? Sascha Machts Roman „Spyderling“. 
MICHAEL WOLF

Spiele erschaffen alternative Realitäten. Es gelten in ihnen andere Gesetze und sie ermöglichen den Teilnehmern Handlungen, die sie sich in der Wirklichkeit niemals erlauben würden. Was aber, wenn sich die Grenze zum Leben spurlos verwischen würde, wenn ein Spiel erfunden würde, das die Welt restlos ersetzt?
Hierin besteht die Vision der Hauptfigur in Sascha Machts Roman „Spyderling“ (Dumont, Köln 2022. 480 Seiten, 25 €.), Daytona Sepulveda.
Am nächsten an ihre Vorstellung eines totalen Spiels, gelangt jener „Spyderling“, ein genialischer Autor faschistischer Brettspiele, der jeden Sommer die größten Talente der Branche auf sein Weingut in der Republik Moldau einlädt.
Auch Daytona reist an, genau wie andere schräge Gestalten, darunter King Trakto Sherpa, Erfinder eines Spiels, in dem ein Held namens „Reichstag“ gegen die Feinde der Weimarer Republik ankämpft, ein 14-jähriger Adeliger namens Campbell Campbell oder die Holländerin Johanna van Tavantar, die sich von einem Poltergeist verfolgt fühlt.

Ihre Zeit auf dem Weingut verbringen sie mit Drogen, Sex und Streit. Die Nerven liegen schon deshalb schnell blank, weil ihr Gastgeber nicht auftauchen will. Ist Spyderling gar kein Mensch, sondern ein Phantom, ein Werwolf oder: Gott? Daytona versucht dem Rätsel auf die Spur zu kommen, lässt sich aber wie ihr Erfinder schnell ablenken.
Schon in seinem Debüt „Der Krieg im Garten des Königs der Toten“ erwies sich der 1986 geborene Macht als unkonventioneller Erzähler. Er erzählte darin die Geschichte eines Horrorfilm-Freaks, der sich nach dem rätselhaften Verschwinden seiner Eltern durch den Bürgerkrieg auf einer durch Atomtestes entstandenen Insel durchschlägt.

Auch in „Spyderling“ opfert Macht Abschweifungen und Referenzen bereitwillig Stringenz und Konzentration.
Sein Roman enthält seitenlange Aufzählungen der Gedanken der Hauptfigur und eine Art ethnografische Enzyklopädie von Spielweisen: „Die Israelis lassen den Fernseher laufen, während sie spielen. Die Slowaken knacken Walnüsse, während sie spielen. Die Kolumbianer lachen unentwegt, während
sie spielen …“

Ein langer Exkurs entwirft verschwenderisch den Plot zu einem schrägen Science-Fiction-Politthriller. Gigantische Insekten übernehmen die Gewalt über die Erde. Die überlebenden Reste der Menschheit organisieren sich in politischen Sekten, bekämpften Ameisen und Wespen, tragen aber auch die alten Konflikte aus dem Kalten Krieg weiter aus.

Weiterlesen:

https://www.tagesspiegel.de/kultur/sasch...n/28257950.html


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Sirius
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