Karen Duve: Macht
In Karen Duves „Macht“ sind alle jung. Die Frauen regieren, der Mann nimmt Rache. Schrecklich!
Dieses Buch ist böse, bitterböse. Wir schreiben das Jahr 2031, der Planet Erde wurde endgültig kaputtgewirtschaftet. Auch die Hoffnung, dass die Frauen, die die Regierungsgeschäfte weitgehend übernommen haben, den Karren noch aus dem Dreck ziehen könnten, ist dahin. Fleisch und Benzin werden rationiert. Man zahlt mit „Euro-Nord“. Flüchtlingswellen und massive Unwetter verbreiten Endzeitstimmung. Karen Duve greift in Macht die Themen auf, die sie in ihren Sachbüchern Anständig essen (2012) und Warum die Sache schiefgeht (2014) umgetrieben haben: Die Menschheit rast auf den Abgrund zu und niemand zieht die Handbremse. Warum? Allerorten Gier, Egoismus, Psychopathen.
Eigentlich ist Duves Dystopie gar nicht so übel: Ein echtes Wundermittel, Ephebo, verjüngt die Menschen; also jene, die es sich leisten können. Je nach Dosierung lassen sich einige Jahre, gar Jahrzehnte körperlicher Alterung zurückdrehen. Das sieht nicht nur gut aus, es gibt auch keine Pflegebedürftigkeit. Sebastian Bürger ist so ein Jungbrunnen, ein Mann um die 70, der dank regelmäßiger Ephebo-Einnahme optisch mit einem 40- bis 50-Jährigen mithalten kann. Er hat sein Elternhaus in den Originalzustand der 60er und 70er Jahre zurückversetzt, in die Zeit also, in der das Fernsehen noch Weltwissen vermittelte und „Tele-Bar“-Nüsse den Abend mit der Frau versüßten. Das Problem ist, dass Sebastian seine Exfrau, eine ehemalige Ministerin, entführt hat. Sie muss im Kellerverlies Plätzchen backen, im Blümchenkleid, und ihm auch sexuell zu Diensten stehen. Wenn sie widerspenstig ist, wird sie an die Kette gelegt.
Bisweilen ist all das – und man schämt sich, es zuzugeben – sehr komisch, weil brillant geschrieben, zum Beispiel, wenn Sebastian, dieser offenkundig vollkommen narzisstische Mann, kurz bedauert, dass er seiner Frau einen Zahn locker geschlagen hat. Schließlich hat sie ihm ja früher das Leben zur Hölle gemacht.
Genau das, das Fehlen jeglichen Schuldbewusstseins, erzeugt beim Lesen ein heiteres Gruseln. Sebastian, ehemaliges Greenpeace-Mitglied und Foodwatch-Aktivist, erlebt sich selbst ja nicht als misogynen Widerling. Im Gegenteil: Die Emanzipation der Frauen habe er unterstützt, zumindest in Form von Lippenbekenntnissen, auch deshalb, weil es die einzige Art gewesen sei, eine intelligente Frau abzubekommen. Man habe also zwangsläufig mitmachen müssen in diesem Spiel, weil man nun mal keine vom Islamischen Staat abgerichtete syrische Braut haben wollte. Und wenn sein ehemaliger Mitschüler, Ingo Dresen, Teil der „Maskulo“-Szene, seine misogynen, antifeministischen Botschaften kundtut, überkommt Sebastian der Ekel. Es ist einfach so: Sebastian hält sich für einen guten Mann, einen, der den Frauen doch jedes Recht zugestanden hätte, wenn, ja wenn. Hätten sie die Männer nur nicht überflüssig gemacht in diesem Staatsfeminismus, in dem Fahrradfahren ohne Helm unter Strafe steht und Olaf Scholz „Herr Bundeskanzlerin“ ist. Sebastian kann sich wirklich darüber aufregen – wenn er nicht gerade seine Exfrau vergewaltigt.
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