Toril Brekke: „Ein rostiger Klang von Freiheit“
„Ein rostiger Klang von Freiheit“: Träumerisch leicht und in einem ungewöhnlichen, ambivalenten Erzählton führt die Norwegerin Toril Brekke ins Oslo der sechziger Jahre.
Nach Oslo ins Jahr 1967 führt dieser trügerisch schön zu lesende Familien- und Coming-of-Age-Roman, der ein atmosphärisch eindrückliches Gesellschaftsporträt mittransportiert. Obwohl das eine Menge Gepäck ist, kommt Toril Brekkes „Ein rostiger Klang von Freiheit“ ganz leicht gesponnen, geradezu träumerisch leicht, daher.
Das ist nicht zuletzt das Verdienst der Übersetzung von Gabriele Haefs, und zu einem guten Teil liegt es an der Hauptfigur und ihrer Erzählstimme, die gar nicht so leicht einzuordnen ist: Agathe, 18 Jahre alt, wohnt in Oslo, zusammen mit ihrem kleinen Bruder und ihrem Stiefvater. Eine Mutter gibt es im Prinzip auch, doch hat die nichts mehr von sich hören lassen, seit sie Jahre zuvor mit einem anderen Mann nach Kopenhagen gegangen ist. Agathe muss daher Mutterersatz für den 13-jährigen Morten sein, was sie allerdings häufig vergisst. In mancher Hinsicht deutlich reifer als Gleichaltrige, ist sie doch gleichzeitig geprägt vom gedankenlosen Egoismus eines ganz normalen Teenagers.
Die Ich-Erzählstimme allerdings kann eigentlich nicht identisch sein mit dem Teenager Agathe, weiß sie doch diesen Egoismus hin und wieder sehr gezielt zu benennen, ebenso wie sie über Gefühle der jugendlichen Agathe zwar berichtet, aber nie darin verweilt. Diese Erzählerin hat einen spürbaren, gesunden Abstand zu ihrem früheren Ich – und doch gibt sie der jugendlichen Beeindruckbarkeit und Spontaneität der „erzählten“ Agathe unmittelbar Ausdruck.
Diese perspektivische Doppelbödigkeit des Erzähltons trägt viel zum atmosphärisch schwebenden Charakter des Romans bei. Die norwegische Schriftstellerin Brekke, 1949 in Oslo geboren, bietet aber dem scheinbar unbekümmerten Tonfall zum Trotz, einen Stoff von einer ebenfalls tiefsitzenden Ambivalenz. Ein emotionales Trauma grundiert das Leben von Agathe und Morten, seit die Mutter nichts mehr von sich hören lässt und ihre Kinder nicht einmal sehen will, als sie in Kopenhagen nach ihr suchen. Wie tief ihr kleiner Bruder von diesem Erlebnis verstört wird, nimmt Agathe aber nicht recht wahr, ist sie doch zu sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt.
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