Geflüchtete in Deutschland
Vom Krieg in die Ausbeutung
In einem Vier-Sterne-Hotel in Hannover arbeiten Ukrainer*innen weit unter Mindestlohn. Es besteht Verdacht auf Menschenhandel.
Auf der hannoverschen Einkaufsstraße Lister Meile flanieren an einem frühen Abend im Mai Passant*innen. Darauf, dass nur wenige Meter weiter potenzielle Opfer von Menschenhandel leben, kommt hier wohl keiner. Doch wer bei Nummer 45 klingelt, dem Gang folgt, das laminierte Schild „Central-Hotel Kaiserhof Apartments“ passiert und sich an einer röhrenden Klimaanlage vorbeischleicht, landet bei ihnen. Hier im Hinterhaus leben in vier Zimmern verschiedene Mitarbeiter*innen eines hannoverschen 4-Sterne-Hotels.
In einer Kochnische in einem der etwa 25 Quadratmeter großen Zimmer bereitet Anastasia Petrenko (Name geändert) Kaffee zu und richtet eine Schale mit Keksen her. In dem Zimmer, wo sie seit zwei Monaten lebt, stapeln sich Koffer. Von zwei der oberen Ecken wuchert Schimmel, der beinahe über die ganze Wandhöhe reicht. Neben Petrenko, die einen Hocker zum Tisch umfunktioniert, um Kaffee und Kekse zu servieren, leben noch drei weitere Frauen hier im Zimmer.
Petrenko kommt aus Charkiw. Sie sei vor der nahenden russischen Armee und dem anhaltenden Artilleriebeschuss aus ihrem Heimatland, der Ukraine, geflohen, erzählt sie. Ihr Haus gebe es nicht mehr. Im Gespräch hält sie ihr Smartphone dicht vor das Gesicht, um zu illustrieren, dass sie ständig und beharrlich darauf schaue. Sie habe zwei Söhne, die im Osten der Ukraine gegen das russische Militär kämpften. Über einen Messengerdienst hielten sie Kontakt zueinander. Allerdings sei die Verbindung zu einem ihrer beiden Kinder schon Mitte April abgebrochen – ihr Sohn soll sich in einem russisch besetzten Gebiet befinden. Ihre Stimme bricht, als sie sagt, dass ihre Gedanken ständig um die Hoffnung kreisten, dass ihre Kinder nicht tot seien.
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