Fleischindustrie & Corona: Die wahre Seuche heißt Ausbeutung
Corona in der Fleischindustrie - überraschend? Seit Jahren sind die üblen Lebens- und Arbeitsbedingungen der überwiegend osteuropäischen Beschäftigten bekannt. Es ist höchste Zeit, die Ausbeutung und Gefährdung der Arbeiter in der Branche zu beenden. Was braucht es dazu? Mehr Kontrollpersonal in den Behörden, Schluss mit Werkverträgen, die neuen Standards für Unterkünfte einhalten
Jetzt hat es auch Niedersachsen erwischt. Nachdem es bei Beschäftigten auf Schlachthöfen in anderen Bundesländern zu Infektionen mit Covid-19 gekommen ist, wurden nun im Emsland die ersten positiven Fälle bestätigt. Die Landesregierung hat bereits reagiert und umfangreiche Tests in der Fleischindustrie angekündigt. Das ist notwendig, um die Gesundheit der dort arbeitenden Beschäftigten besser zu schützen. Dessen ungeachtet: Der Corona-Ausbruch ist nur das jüngste Symptom einer viel tiefergehenden Krise. Das auf Werkverträgen fußende System ist – von einigen Ausnahmen abgesehen – krank. Und zwar nicht erst seit gestern!
Seit langer Zeit tragen die Arbeitgeber der Fleischindustrien ihren ruinösen Wettbewerb überwiegend auf dem Rücken der Beschäftigten aus. Ausbeutung ist die wahre Seuche der Branche. Es herrscht nur ein Motto: Billig ist nicht billig genug. Das hat dazu geführt, dass rund 80 Prozent der zumeist osteuropäischen Arbeiter über Subunternehmen mit schlecht bezahlten Werkverträgen abgespeist werden. Nur noch zu einem Bruchteil wird das Kerngeschäft von Stammbelegschaften erledigt. Als Bezahlung gibt es zwar offiziell den Mindestlohn. Doch durch das Koppeln an bestimmte Leistungen oder fragwürdige Zeitabrechnungen wird er oft genug umgangen. Tarifverträge kennen die meisten Beschäftigten – wenn überhaupt – nur vom Hörensagen.
Obendrauf kommt noch der jahrelang vernachlässigte Gesundheitsschutz. In den Massenunterkünften werden die Beschäftigten dicht an dicht in kleinen Zimmern zusammengedrängt. Auf dem Weg zur ihrem Arbeitsplatz finden sie sich jeden Tag in vollgestopften Bussen wieder. Höchst problematisch sind auch die viel zu geringen Abstände an den Zerlegebändern und in den Umkleiden. Unter solchen hygienischen Bedingungen können die jetzt aufgetretenen Corona-Infektionen für niemanden eine Überraschung sein. Das Wohl der Beschäftigten war schon längst abgemeldet!
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