ENERGIEVERSORGUNG
Das aberwitzige PCK-Szenario
Was weiß Robert Habeck schon von ostdeutscher Lebensrealität? Eindrücke aus dem brandenburgischen Schwedt
Der PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt soll das russische Öl abgedreht werden. Tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr. In sommerlicher Hitze prangen entlang der Lindenallee Parolen von Hohlkammerplakaten: »Ein Garantieplan für Schwedt!« und »Stirbt die PCK, stirbt die Region!« Slogans der zwei Parteien, die in Ostdeutschland noch am stärksten um Aufmerksamkeit ringen, Linkspartei und AfD.
Relativ neu im Angebot zur politischen Willensbildung ist ein »Zukunftsbündnis Schwedt«, geschmiedet zwischen engagierten Bürgern und der regionalen Unternehmerschaft. Zur ersten Kundgebung des Bündnisses am 29. Juni kam Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) auf den Platz der Befreiung. Der Lübecker Apothekersohn hatte zwei Ostdeutsche mitgebracht, einen Parteikollegen aus seinem Ministerium und den Ostbeauftragten der Bundesregierung. Staatssekretär Michael Kellner und Staatsminister Carsten Schneider verbrachten ihre »kostbare Zeit« an jenem Tag allerdings ausschließlich hinter der Bühne. Das Publikum schien nicht in Stimmung für einen Auftritt weiterer Politiker. So blieb Habeck der einzige Redner.
Mehr als 3.000 Menschen schauten hinauf zur Bühne. Der Minister hatte kaum in einleitenden Worten sein Mitgefühl ausgedrückt, als die Arroganz der Inszenierung mit ersten Unmutsäußerungen quittiert wurde. Habecks eigenwillige Behauptung, die Sanktionen gegen Russland würden wirken, sorgte für Heiterkeit. Unbeirrt stellte sich Habeck in die Tradition alle jener westdeutschen Liberalen, die seit den 90er Jahren den Osten heimsuchten, um dessen Bewohnern Handlungsohnmacht zu suggerieren und damit das Schlimmste zu verhindern (kollektives Handeln). Das gegen die existentiellen Interessen der Beschäftigten beschlossene Ölembargo sei notwendig, um Wichtigeres zu erreichen, belehrte der Politstar die Anwesenden. Sie seien, so der Subtext, wegen fehlenden Weitblicks nicht in der Lage, das zu erkennen. Aber er komme gern noch mal vorbei, um es auch denen zu erklären, die es nicht verstehen wollen.
Derweil wurden auf dem Platz Flugblätter verteilt, die in einschlägigem Vokabular dazu aufriefen, die Tradition der Montagsdemos wieder aufzunehmen. Wohl auch als Gegenprogramm veranstaltet das städtische Theater, die Uckermärkischen Bühnen Schwedt, neuerdings an Montagabenden eine Gesprächsreihe zur Zukunft ohne russisches Öl. Der Eintritt ist frei, Voranmeldung unnötig. Zuletzt kam am 4. Juli der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ins Theaterfoyer, um »die mit den anstehenden Transformationsprozessen verbundenen Chancen aufzuzeigen«. Die nächste dieser »Bürgerveranstaltungen« des Theaters soll nach der Sommerpause am 29. August stattfinden.
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