Amor Towles: Lincoln Highway
Der neue umfangreiche Roman von Amor Towles heißt "Lincoln Highway" und ist in der Tradition eines klassischen amerikanischen Roadmovies geschrieben, der eine Hymne auf das Leben auch unter allerwidrigsten Umständen ist.
Emmett ist achtzehn Jahre alt, als er aus der Jugendstrafanstalt entlassen wird. Er hat dort eingesessen, weil er im Streit einen Gleichaltrigen geschlagen hatte, der so unglücklich auf eine Kante aufgeschlagen war, dass er starb. Emmett hatte damals auf einen Anwalt verzichtet, der ihn vermutlich vor dem Gefängnis hätte bewahren können, er wollte eine Strafe abbüßen. Jetzt kehrt er nach Hause zurück.
In Emmetts Augen sahen alle Häuser in dieser Gegend so aus, als wären sie vom Himmel gefallen, und das der Watsons schien besonders hart auf den Boden geprallt zu sein. Zu beiden Seiten des Schornsteins hatte sich der First gesenkt, und die Fenster waren so verzogen, dass die Hälfte der Fenster nicht richtig schlossen und die andere Hälfte sich kaum öffnen ließ. Gleich würden sie sehen, dass an vielen Stellen die Farbe von den Holzschindeln abgeblättert war. Aber etwa dreißig Meter vor der Einfahrt brachte der Direktor den Wagen am Wegrand zum Stehen. "Emmett", sagte er und legte die Hände aufs Steuerrad, "bevor wir zum Haus kommen, möchte ich noch etwas sagen."
Emmetts kleiner Bruder Billy hat sehnsüchtig auf Emmett gewartet. Er hat Postkarten der Mutter gefunden, die der Vater ihnen vorenthielt, als seine Frau ihn und die Kinder verlassen hatte. Nun will Billy mit Hilfe der Postkarten nach ihrer Mutter suchen. Emmetts Vater hat sich kurz vor Emmetts Rückkehr das Leben genommen, nachdem er mit seinen Plänen als Landwirt gescheitert war und der Hof inzwischen der Bank gehörte.
"Eine Sache noch", sagte der Banker, nachdem er die Papiere wieder sorgfältig in dem Ordner verstaut hatte. "Das Auto in der Scheune. Als wir die routinemäßige Bestandsaufnahme des Hauses gemacht haben, konnten wir weder die Zulassung noch die Schlüssel finden."
Emmett besitzt einen alten Studebaker, der nicht von der Bank gepfändet werden konnte, und die beiden könnten sich auf den Weg nach Kalifornien machen.
Wir befinden uns in den 50er-Jahren in den USA und eine aberwitzige Reise beginnt. Gleich zum Start tauchen zwei Kumpels aus der Jugendstrafanstalt auf. Duchess und Woolly. Sie stehlen Emmetts Wagen und fahren damit in die andere Richtung - nach New York City. Emmett und Billy, die dabei auch ihr im Auto verstecktes Geld verloren haben, nehmen die Verfolgung auf. Sie treffen Landstreicher, einen falschen Pastor, einen Clown und einen Philosophen. Es geht ziemlich hart und brutal zu an diesem Rand der Gesellschaft, aber es gibt auch Momente wahrlich gesegneter Menschenliebe.
Dieser Roman ist eine Hymne auf das Leben auch unter allerwidrigsten Umständen. Amor Towles ist wieder ein schöner, dicker Roman gelungen, in dem man ein paar herrliche Lesetage unterwegs sein kann und der lange nachhallt.
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