Natürlich spielt der letzte Hippie in seiner wachen und hoffentlich bekifften Zeit nicht pausenlos „Blowing in the Wind“ auf der zerkratzen Wanderklampfe, und er flechtet sich auch keine Blumen in die langen Haare oder Bart. Weder lebt er in einer Kommune, noch trägt er Batik-Klamotten. Er tanzt nicht in den Parks und liebt auch nicht auf den Straßen. Von Gruppensex hält er nicht viel und Körnerfraß findet er zum Erbrechen. Er umarmt überhaupt keine Polizisten. Nie!
Solch demonstrative Unwichtigkeiten hat der letzte Hippie gar nicht nötig. Er outet sich dem genauen Beobachter nicht in selbstgefälligem Getue, sondern im Denken und Handeln. Bzw. im Unterlassen von gewissen Denken und Handeln, bzw. im Versuch, dieses gewisse Denken und Handeln zu vermeiden, welches global von Gier und Amoral bestimmt wird.
Apropos Amoral: Ein Hippie ist bemüht nie zu lügen. Lügen würden das Bewusstsein strangulieren und außerdem ist der letzte Hippie viel zu wenig ergebnisorientiert, sich die alternativen Wahrheiten zu merken. Deswegen ist diese Charakterstudie hier auch nach bestem Wissen und Gewissen und mit viel Sorgfalt gefertigt worden. Und ich, jawoll-ja: Ich! wurde für diesen Schwanengesang berufen.
Dem letzten Hippie sind materielle Güter unwichtig: „Hänge das Herz nicht an äußere Dinge!“ Wenn ein cleveres Kerlchen versucht ihn über den Tisch zu ziehen, stellt er sich blöde und lässt das clevere Kerlchen innerlich schmunzelnd gewähren: „Tja, wenn es ihm doch sooo wichtig ist, dass er die Moral dafür biegt bis es knackt, dann möge er vielleicht irgendwann feststellen, wie wenig glücklich es doch macht.“
So eine Art zu denken steht dem Hippie auf dem Weg nach egal wohin im Wege. Meistens enden seine Versuche auf anständige Weise das Lebensnotwendigste zu finanzieren im Chaos. Er verachtet das Schwanz- und Klitorisdenken derer, die sich für erfolgreich halten und das merken die Leute.
Er hält Geld, so bescheuert wie er ist, für bescheuert und ist am liebsten pleite. Da kann er wenigstens sicher sein, dass die Menschen wirklich ihn meinen, wenn er sich mit ihnen trifft, und nicht die Vorteile welche er ihnen vielleicht ermöglicht. Das hindert ihn aber auch nicht daran, mit einer leeren, metaphorischen Bettelschale zu wandeln.
Der letzte Hippie hält Jesus nicht für den ersten Hippie sondern für einen Feigling, der seinen Selbstmord von den Römern vollziehen ließ. Der letzte Hippie liest nicht Hesse sondern populärwissenschaftliche Magazine. Er spielt keinen Wanderschinken, sondern Blues-Jazz-Rock auf dem Klavier. Der letzte Hippie ist der geborene Ankläger: „Diese Idioten da draußen!“ Mehr will er sich mit diesen Idioten da draußen nicht beschäftigen, um sein Gleichgewicht zu wahren. Und aus Faulheit, bzw. Desinteresse.
Der letzte Hippie ist alt. Ich schwöre bei meinen Falten und allen Charakterfehlern: Hippies sollten immer jung bleiben. Auch mit 70! Und später auch mit 80! Oder 90? Wer weiß? Der letzte Hippie glaubt nicht an Karma. Er kann warten!
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Wen, wenn nicht dich, sollte man zu diesem Schwanengesang berufen, Karl-Ludwig?
Ein wichtiges Detail hast du dem geneigten Leser aber unterschlagen: der letzte Hippie ist in der Lage, klug und amüsant zu schreiben.
Liebe Lottegrü0e
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Der letzte Hippie macht mit einem Bein einen großen Schritt zurück und kreuzt das Vordere. Er setzt also einen Fuß um 45 Grad versetzt und mit größerem Abstand nach hinten. Beide Fußspitzen zeigen dabei nach vorne. Er beugt nun langsam beide Beine, bis das vordere Knie in etwa zu 90 Grad angewinkelt und der Oberschenkel parallel zum Boden ausgerichtet ist. Er achtet darauf, dass das vordere Knie hinter der Fußspitze bleibt und sein Körpergewicht auf den Fersen lagert. Er ist bemüht den Oberkörper so aufrecht wie möglich zu halten. Anschließend kehrt er zur Ausgangsposition zurück und wiederholt die Ausführung mit dem entgegen gesetzten Bein.
Dabei murmelt er etwas von Ehre und Gebühren, nein, Tschulligung, über Ehre, wem immer sie auch gebühren mag.
Nun schnippst er mit den Fingern, woraufhin zwei 2D Elefanten ein Rednerpult ins Rampenlicht schleppen und es vor ihm abstellen. Ein kleines Teesieb eilt herbei und klappt das Hauptbuch auf (Ein Lachsalvengrimoire. Der enthielt einst den einzig echten Witz des Universums. Leider hat ein bösartiger Gott die Seiten als Retiradenpapier benutzt). Eine Sternenschildkröte peitscht das Publikum ein. Frenetischer Jubel brandet auf wie Tsunami, und also spricht der letzte Hippie:
„Hippie zu sein ist kein modisches Statement. Es ist eine Seinsweise. Und wie jede Seinsweise unvollkommen, fragwürdig, au Backe! Bei Vollkommenheit würden die Götter neidisch. Und die können echt lästig werden.“
Ja, so denkt er tatsächlich, obwohl er ansonsten von Göttern gar nichts hält. In seinem Garten bläst manchmal ein Faun gar schrecklich auf einer Schalmai, und die Göttinnen der liebevollen Zuneigung sind nie da, wenn man sie braucht, genauso wie die Göttinnen des Bargeldes und diese verbissene Schranze des Humors.
Er ist und bleibt aber ein heimlicher Romantiker, der trotz aller Gegenbeweise die Hoffnung auf menschenwürdige Menschheit nicht begräbt.
Er fängt damit mit sich selber an. Die Anderen müssen sich schließlich auch selber retten. Er stopft sich ein nächstes Pfeifchen. Kann man es ihm verdenken?
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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