(überarbeitet)
Da vorne, bei dem Feuerchen am Strand und Vollmond findet ein konspiratives Treffen vieler bunt vermummter Gestalten statt. Mehrfaches Zählen ergibt mindestens zwei. Die eine Figur legt gerade ihre Gitarre zur Seite und rollt sich einen Joint. Die andere Gestalt atmet unauffällig durch. Wenn sie nur noch ein einziges Mal 'Blowing in the Wind' hören muss, könnte es zu Tumulten in der Menge kommen.
"Ich habe meinen Glauben verloren."
"Wann?"
"Irgendwann in den letzten Jahren."
"Wo denn?"
"Wie bitte?"
Die zwei Gestalten blicken sich verständnislos an. Nach einer Weile räuspert sich die eine etwas verlegen.
"Äh, nochmal. Welchen Glauben an was genau hast du denn verloren?"
Die andere Person kratz sich am Stirnband.
"Den Glauben an unsere Sache. Glaube ich..."
"Welche Sache?"
"Na, die Sache, dass letztendlich wir, die Guten, gewinnen werden."
"Warum?"
"Weil: Alles wird immer nur noch schlimmer und es gibt kaum noch welche von uns. Genauer: Weniger als zwei. Nämlich ein wenig dich und mich!"
"Große Ereignisse fangen klein an."
"Jaaah, aber hier fing etwas klein an, um dann noch kleiner zu werden."
"Mut verloren, alles verloren, sagte Goethe..."
"Ja, ja. Goethe war 'ne Flöte und ich trete aus."
"Das geht nicht. Dann wäre es ja keine Volksbewegung mehr."
"Es war nie eine Volksbewegung. Es war bloß die unrealistische Vision einiger Spinner, die später im Sachzwang verblasste. Sie führte zur Sex- und Drogenwelle, diente Designern als Vorlage, brachte eine Alice Schwarzer hervor und indische Gurus. Und gute Musik! Liebe sei die Antwort auf alles Unbill dieser Welt, - welch Erkenntnis -, vögeln also politisch und Welt verbessernd. Wir waren schlichtweg bloß bescheuert. Verwöhnte Kinder in der Trotzphase. Schlauschwätzende Nulpen! Die Volksbewegung fand anderswo statt."
"Was willst du denn lieber sein, anstatt Hippie? Du kannst doch nichts anderes. Welcher Verein würde dich denn noch wollen?"
"Eremierter Hippie? Konstitutioneller Einpersonenstaat?"
"Abschwören?"
"Nicht nötig. Aktiver Hippie ist eine Seinsweise. Man braucht nur nicht mehr an Hippies zu glauben und schon ist man ein Nichthippie und aus dem Schneider."
"... und aufhören zu kiffen?"
"... jetzt nicht gleich übertreiben!"
"... oder dem Sex entsagen?"
"... jetzt nicht gleich übertreiben!"
"... kein Rock'N'Roll mehr?"
"Hör endlich auf zu spinnen. Hier. Nimm einen Zug."
"Ich kiffe nicht mehr. Meine Frau hat was dagegen. Ich nehme Prozak und spüle mit Sekt runter."
"Stöhn..."
Der letzte Hippie greift verzweifelt zur Gitarre und alle Anwesenden laufen schnell davon.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Eines schaffst du immer mit deinen Geschichten, klsa, du bringst mich zum Schmunzeln, wenn nicht gar zum Lachen. Was will Mann mehr?
Da krame ich doch mal in meinem Fundus...
Der Geist der 68er
Wo ist der Geist der ständig rebelliert
Der an der Universität studiert
Der herzhaft isst und trinkt bis in die Nacht
Der Platz im Bett für freie Liebe macht
Wo ist der Geist auf Kos und an der Küste
Der campt und surft und herzeigt blanke Brüste -
Mit Schlips die Herren im Kostüm die Damen
Gilt heute die Devise: Ja und Amen.
Lottegrüße
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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'Was will Mann mehr?' betrachte ich als eine rein rhetorische Fangfrage und werde sie nicht beantworten.
Gutes Gedicht von Dir. Ich war mal Gast in der K1, da war es förmlich revolutionäre Pflicht der Mädchen, oben rum mit ganz ohne ... ach ... seufz …, ach ja, die Uschi …
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