Mexiko: Nestlé ist mitverantwortlich für Todesursache Nr. 1
Wegen Junk-Food ist jeder Dritte fettleibig und stirbt zu früh. Doch der Konzern wehrte sich gegen Warn-Etiketten.
Drei von vier Mexikanerinnen und Mexikanern sind übergewichtig und jede Dritte und jeder Dritte sogar fettleibig (Body-Mass-Index von 30 und darüber). Diabetes ist in Mexiko längst die Todesursache Nummer 1. Deshalb besteuert die Regierung das weit verbreitete Junk-Food. Seit 2020 warnen schwarze Warnhinweise vor ungesunden Lebensmitteln. Dagegen wehrte sich Nestlé mit allen Mitteln. Die Schweizer Behörden halfen dem Konzern tatkräftig dabei. Das zeigen vertrauliche E-Mails zwischen Nestlé und dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco unter SVP-Bundesrat Guy Parmelin, welche Public Eye Anfang Juli publik machte. Weil grosse Medien nur spärlich darüber berichteten, veröffentlichen wir hier die Recherche von Public Eye.
Mit schwarzen Stoppschildern auf ungesunden Lebensmitteln geht Mexiko gegen die grassierende Fettleibigkeit im Land vor. Doch das Vorhaben stösst auf erbitterten Widerstand der Industriekonzerne und ihrer Sitzstaaten. An vorderster Front: Nestlé und die Schweiz. Dokumente und Mailwechsel belegen, wie willfährig sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) vom Nahrungsmittelgiganten aus Vevey einspannen liess, um gegen Mexikos Gesundheitspolitik zu agitieren. Gemäss exklusiven Marktdaten, die sich Public Eye beschafft hat, stand ein Geschäft von über einer Milliarde Franken auf dem Spiel. Dieses Lobbying der Schweiz für die Geschäftsinteressen von Nestlé ist kein Einzelfall. In Mexiko begann es im November 2019.
Offensichtlich enerviert schreibt am Morgen des 25. Novembers 2019, einem Montag, eine Person in Mexiko, die beim Schweizerischen Aussendepartement EDA angestellt ist, eine Mail ans Staatssekretariat für Wirtschaft, das Seco. Im CC: sieben weitere Mitarbeitende der beiden Abteilungen. Sie sei vor «etwas über 15 Tagen» auf «dieses Problem der Lebensmittelkennzeichnung» aufmerksam gemacht worden, schreibt die Person. Man habe daraufhin vereinbart, dass der Konzern sich an die Schweizerisch-Mexikanische Handelskammer SwissCham Mexico wenden und «um Unterstützung der Schweiz und der Kammer» bitten würde. Denn schliesslich betreffe diese neue Regulierung nicht nur Nestlé, sondern etwa auch Lindt, Ricola oder Emmi. Nestlé habe es aber offensichtlich vorgezogen, «direkt zum Seco zu gehen, und das allein in eigener Sache».
Und dann, in Fettschrift:
«Eine offizielle Intervention müsste daher meiner Meinung nach im Namen aller betroffenen Schweizer Unternehmen und in enger Zusammenarbeit mit der SwissCham, deren Mitglieder sie sind, erfolgen – und nicht allein für Nestlé.»
Dass der Konzern seine Interessen verteidige, sei klar, «aber Nestlé hat einen privilegierten Zugang zu den Behörden» und der Konzern habe es «nicht für angebracht gehalten, sein Insiderwissen (…) zu teilen. Ich bin mir nicht sicher, ob die anderen betroffenen Schweizer Unternehmen überhaupt wissen, welche Probleme sie mit den neuen Warnhinweisen erwarten.»
Weiterlesen:
https://www.infosperber.ch/wirtschaft/ko...esursache-nr-1/
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