Die Rolle der Medien in bewaffneten Konflikten
Nicht zuletzt die neuste geopolitische Situation zeigt in aller Deutlichkeit, dass die Medien ihren ursprünglichen Auftrag, die interessierte Bevölkerung möglichst unabhängig und genau zu informieren, zugunsten einer machtpolitisch einseitigen «Information» verlassen haben. Recherchen vor Ort des Geschehens werden oft eingespart und durch Berichte der dominierenden westlichen Nachrichtenagenturen AFP, AP, Reuters und DPA ersetzt – oder aber sie werden mit den Mitteln des sogenannten «Parachute Journalism» zusätzlich zur einseitigen Information missbraucht. Die deutsche Journalistin Karin Leukefeld, die seit vielen Jahren im Nahen und Mittleren Osten im Einsatz ist – und auch dort lebt! –, beschreibt hier, wie die neue Informationstechnologie und der Druck der Aktualität die Medienlandschaft verändert hat – vor allem zum Negativen. (cm)
Noch vor nicht allzu langer Zeit – sagen wir zu Zeiten des Ersten und Zweiten Weltkriegs im 20. Jahrhundert – gab es Radio, Zeitungen, Briefe. Manchmal gab es Telefon und es wurde gefilmt und fotografiert. In den kriegführenden Nationen wie in Deutschland und Frankreich wurden Filme mit Frontberichterstattung produziert. An den verschiedenen Fronten entstanden in die Heere eingebunden Korrespondentennetze. Heute nennen wir das „embedded journalism“. Diese Filme wurden unter dem Titel „Wochenschau“ in lokalen Kinos gezeigt. Menschen kamen dort zusammen, um sie zu sehen und – davon können wir ausgehen – auch um darüber zu sprechen. Es fand also ein Austausch über das Gesehene statt.
Die Übermittlung von Informationen jenseits dieser offiziellen Kriegsberichterstattung dauerte lange. Briefe oder Postkarten beispielsweise, die von Soldaten an die Familien geschickt wurden und auch über den Krieg berichteten, kamen manchmal gar nicht an. Das Film- und Fotomaterial musste zu den Redaktionen transportiert werden.
Bei meinen Recherchen über die Vertreibung der Armenier aus dem Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917 stieß ich auf die Berichte des deutschen Schriftstellers Armin T. Wegner, der als Unteroffizier in einer deutsch-ottomanischen Sanitätsmission in Ostanatolien am Euphrat stationiert war. Wegner wurde Augenzeuge des großen Sterbens. Heimlich fotografierte er und sprach nach seiner Rückkehr in Bildvorträgen über das Geschehen. Die Filme mit den Fotos hatte er in seiner Kleidung verborgen aus der Türkei geschmuggelt. Seine Aufnahmen stammten meist aus dem Jahr 1916. Seine Vorträge hielt er 1919, drei Jahre später. Da war der Völkermord an den Armeniern schon Geschichte.
Oder nehmen wir den deutschen Theologen Johannes Lepsius, der 1916 einen „Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei“ verfasst hatte und diesen aus der Türkei an die deutsche Regierung und das Parlament, an den Reichstag schickte. Die Abgeordneten bekamen diesen Bericht nie zu sehen, weil die deutsche Militärverwaltung ihn verbot und beschlagnahmte.
Die technische Informationsübermittlung verschnellerte sich. Berichterstattung, insbesondere aus Kriegen, wurde zum Geschäft.
Im Vietnamkrieg zwischen 1962 und 1975 hielten sich einer Untersuchung zufolge insgesamt etwa 5.100 Journalisten aus 64 Ländern in Vietnam auf. Während der nordvietnamesischen Tet-Offensive waren es etwa 600 Journalisten. Beim Fall von Saigon am 30. April 1975 waren es noch 100. Die Bilder aus dem Vietnamkrieg wurden auf die Fernsehgeräte übertragen, man sprach auch von einem „Wohnzimmerkrieg“.
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